Veröffentlicht in Alle, Bergisches, Zeitgeschichte

Der Wenzelnberg als Beispiel für die Erinnerungsarbeit und die Begegnung mit der Gegenwart

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

Voltaire brachte es auf den Punkt als er sagte, eigentlich sei Geschichte die Lüge auf die man sich geeinigt habe.

Und auch wir wissen heute oft nicht, was wie war. Aber wenn wir wissen, wo man uns belogen oder etwas vorenthalten hat, dann ist dies immer eine Sternstunde der Geschichtsschreibung, weil sie dokumentiert, was geschehen ist und die Frage stellt, worauf man zukünftig aufpassen sollte.

Es ist der Versuch, der Geschichte Handlungskompetenz in der Geschichtsschreibung zuzuweisen. Das ist allerdings durch die Geschichtslosigkeit der meisten Politiker und ihrer Entscheidungen dann meistens doch nicht möglich.

Und dennoch gibt es dabei Dinge, die wichtig sind, weil es neben der Geschichtsschreibung etwas gibt, an das sich Menschen erinnern als Zeitgenossen oder in der Nachwelt. Es sind Erlebnisse und Erzählungen davon und darüber.

„Was man als kollektives Gedächtnis bezeichnet, ist kein Erinnern, sondern ein Sicheinigen – darauf, daß dieses wichtig sein, daß sich eine Geschichte so und nicht anders zugetragen habe, samt den Bildern, mit deren Hilfe die Geschichte in unseren Köpfen befestigt wird…. Aber Fotos, die das Leiden und das Martyrium eines Volkes vor Augen führen, erinnern nicht bloß an Tod, Scheitern und Erniedrigung. Sie beschwören auch das Wunder des Überlebens. Wer den Fortbestand der Erinnerung sichern will, der hat es unweigerlich mit der Aufgabe zu tun, die Erinnerung ständig zu erneuern, ständig neue Erinnerungen zu schaffen – vor allem mit Hilfe eindrlicher Fotos. Die Menschen wollen ihre Erinnerungen besichtigen und auffrischen können.“

Diese Gedanken von Susan Sontag zeigen, da kommt die Fotografie ins Spiel. Fotos sind Bilder, die in die Köpfe kommen. Und Menschen erinnern sich mehr an Bilder als an Worte.

Bilder sagen manchmal mehr als tausend Worte. Und Bilder erzeugen Gefühle, erinnern daran, erneuern sie und erweitern das Gespürte.

Wie macht man dies sichtbar? Susan Sontag verweist in diesem Zusammenhang auf Gedenkmuseen als Erinnerungsstätten. Aber dort wo sie schon sind dürfen sie ebenfalls nicht vergessen werden.

Ein solcher Ort ist der Wenzelnberg mit der Wenzelnbergschlucht bei Langenfeld. Es ist ein Beispiel von sehr vielen.

Wie geht man damit fotografisch um?

1. Vergangenheit

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

2. Erinnerung

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

3. Gedenken

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4. Gegenwart – Flagge zeigen

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

5. Zukunft

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

 

 

Veröffentlicht in Alle, Zeitgeschichte

Geschichte schreiben mit Fotografie heute

Geschichtsschreibung und Fotografie sind heute mehr als das berufliche Thema von Historikern.

Heute ist eine neue Art des Verstehens möglich, bei der Fotos von der eher dokumentierenden-journalistischen Funktion zur dokumentierenden-historischen Funktion übergehen und dies alles innerhalb eines Lebens gesehen und verarbeitet werden kann.

So kann man aus dem Festhalten des Gesehenen und Geschehenen fotografisch und textlich sehr viel für die historische Forschung und Darstellung machen.

Es gibt verschiedene Ansätze, die ich beispielhaft mit Büchern benennen will.

Friedhelm Brebeck, Ursula Meissner, Sarajewo 1992 – 1996

Dieses Buch ist sicherlich eine kraftvolle Dokumentation, weil sie alle existenziellen Situationen darstellt und direkt übertragbar ist. Hinzu kommt der Alltag in Ausnahmesituationen

Harald Kirschner, Halle 1986 – 1990

Hier wird der Übergang im öffentlichen Raum von einem politischen System ins nächste gezeigt. Es ist eine Art des Festhaltens sichtbarer Veränderungen durch das, was noch das ist als Überrest und das, was weg ist und ersetzt wurde

Cordula Schlegelmilch, Wurzen 1990 – 1997

Hier wurde durch Forschung und Biografiearbeit versucht, soziale Veränderungen systematisiert festzuhalten, um personelle Veränderungen in einer Übergangszeit später nachvollziehen zu können

Es sind verschiedene Ansätze, die aber alle etwas gemeinsam haben.

Sie sind ohne Fotos nicht denkbar und sie sind alle drei nicht gegenseitig ersetzbar.

Geschichtsschreibung braucht starke Dokumente und starke Fakten.

Wenn Befehle nicht auffindbar sind, dann sind die Fotos der Folgen dieser Befehle oft das Einzige, was dies alles dokumentieren kann.

Deshalb ist gute Geschichtsschreibung auch immer mit dem Risiko der Behauptung besetzt. Aber dann ist sie manchmal am besten.

Man sieht schon, daß ich Geschichtsschreibung anders verstehe.

Wenn die armen Leute kein Tagebuch schreiben, dann muß man entweder mit realen Fotos oder mit erfundenen Charakteren nachhelfen, um Bilder zu erzeugen, die erzählen, wie es war oder wie es ist.

So habe ich bisher Geschichte geschrieben und Gesehenes und Geschehenes fotografisch dokumentiert.

Das ist meine Art Geschichte zu schreiben – mit Worten und mit Bildern.

Heute geht man sogar noch weiter und inszeniert Fotos ebenso wie in Filmen das historische Geschehen.

Aber Fotos sind kontextbezogen, d.h. weil sie frei in der Interpretation sind, muß man wissen, was, wer, wann, wo, wie und warum.

Deshalb sind Fotos ohne Hinweise oft nicht sinnvoll.

Das Ende der Geschichte ist vielleicht bald in Sicht. Aber bis dahin können wir nun die Fotografie noch besser einsetzen und vielleicht Fotos machen, die so viel sagen wie das, was hier beschrieben wurde.

 

Veröffentlicht in Alle, Zeitgeschichte

Die neuen Gutmenschen im 21. Jhrdt.

Es ist wahr. Wir lieben unser Land. Wir lieben es so sehr, daß auch heute noch Ruhe die erste Bürgerpflicht ist.

Wir haben es geschafft, in Deutschland eine neue Lebensphilosophie zu etablieren: die Philosophie der Gutmenschen.

Gut ist, was ankommt.

Und so wird alles getan, damit man ankommt. Besonders sichtbar wird es beim „Gefällt mir“.

Schlecht ist dann umgekehrt, was nicht ankommt.

  • Die Ungerechtigkeiten bei Hartz 4 kommen nicht an.
  • Die Ungerechtigkeiten bei den Lebenschancen kommen nicht an.
  • Die Ungerechtigkeiten beim Aussprechen von sozialen Wirklichkeiten kommen nicht an.

Die Massenmedien werden gezielt genutzt, um die Richtung vorzugeben.

Heute versucht man dies durch Studien. Wer in die Medien will läßt Studien machen. Diese Studien sind natürlich so in Auftrag gegeben, dass das Ergebnis passt.

Und damit kreiert man ein soziales Thema und gibt eine Botschaft vor.

Es gibt Millionen von Menschen, die ein besseres Leben in Deutschland verdient hätten, weil sie viele Jahre und manchmal Jahrzehnte fleißig, ordentlich und anständig gearbeitet haben, soziale Dienste leisteten und vieles mehr.

Diese Menschen sind durch Hartz 4 und viele andere soziale Maßnahmen zu den ehrlichen Dummen gemacht worden.

Mit viel Geld wurde ein bürokratisches Monster etabliert, um diese Menschen in Schach zu halten.

Und die Massenmedien erfüllen ihren Auftrag, indem sie einerseits über die schlimmen Zustände außerhalb von Deutschland berichten und andererseits über die Zufriedenheit auch mit kleinen Dingen innerhalb von Deutschland.

Tränen für das Schicksal und Spendengalas sind dafür bestens geeignet.

Wer diese Gutmenschenkultur durchbricht, die durch alle Medien und Moderationen geistert als stille Übereinkunft, der wird geächtet.

Die Wahrheit oder Wirklichkeit spielt eben keine Rolle.

Wenn man dies erkennt, dann kann man es nicht ändern.

Es sind Messer-und-Gabel Fragen und keine anderen Fragen, die die Menschen bewegen.

Essen, Trinken, Sex und Urlaub sind die Themen unserer Zeit.

Soziale Sicherheit, saubere Natur, Schutz des Waldes, gute Erziehung und Umverteilung spielen dabei keine große Rolle.

Das ist genau betrachtet der Widerspruch, der die Menschheit ausmacht.

Deshalb geht die Menschheit den Weg, den sie gerade geht.

Wir können es erklären aber nicht ändern.

Das ist alles.

Veröffentlicht in Buch, Zeitgeschichte

Geschichte schreiben heute – Das persönliche Fotobuch und die Fotografie zwischen Zeitgeist und Lebenszeit

Ich habe lange dafür gebraucht.

Für die Fotos ebenso wie für den Artikel und noch länger bis es so weit war.

Die Geschichte der Kompaktkameras

Ab 1999 ermöglichten die preiswerten Digitalkameras von Jenoptik mir den Zugang zur Digitalfotografie. Dann glaubte ich mit der teuren Canon Powershot G1 eine langlebige Kamera zu kaufen. Das stellte sich technisch als Illusion heraus. So ging es bis 2005.

Danach gab es ja das Feuerwerk der Kompaktkameras auf dem Markt. Es war die Zeit der Experimente für Kunden und Unternehmen. Für mich waren es die Sanyo E6, die Fuji F10, die Lumix FX-37, die Kodak V570 und die Fuji Z3.

Erinnern Sie sich noch daran? Eher weniger?

Die Geschichte und die eigene Lebenszeit

Genau so ist es mit der eigenen Lebenszeit und den extremen Belastungen, die damals vorhanden waren.

Erst wollte ich die Bilder einfach liegenlassen für später. Aber wer wüßte dann noch was und wie, warum und wo?

Nach einiger Zeit entschloß ich mich, daraus ein persönliches Fotobuch zu machen. Und in diesem Fall hält das Buch mehr als die Seiten zwischen den Buchdeckeln.

Dokumentarfotografie 2000 bis 2010

Es sind Fotos aus der Zeit zwischen 2000 und 2010 – nicht viele aber exemplarische Momente, die fast immer öffentlich waren, aber von denen die Öffentlichkeit nur sehr begrenzt Kenntnis nahm.

Es ist sehr persönlich, weil darin mein Herzblut und die Energien vieler anderer Menschen zu finden sind. Es ist eine fotografische Dokumentation, die viele Erinnerungen und Gefühle freisetzt.

Nicht einfach vergessen

Ich hatte eine Kamera immer öfter neben meinem Füller und dem Notizbuch dabei und fragte die Menschen, ob sie Lust hätten auf Fotos zu sein, die an uns erinnern und von denen ich noch nicht weiß, wann und wo ich sie als „Geschichtsbuch“ veröffentliche. Sie sagten immer ja und freuten sich, daß sie nicht einfach vergessen werden.

Dann erzählte ich über andere Bücher von mir und ich endete jedes Mal mit der Feststellung, wenn wir uns nicht dokumentieren, dann wird uns niemand dokumentieren.

Das wußte ich seit meinem ersten historischen Buch über eine lokale soziale Bewegung und der Recherche dafür im Archiv. Die Menschen damals waren nur in den Polizeiberichten der Bismarckzeit auffindbar, ohne Fotos und nur so wie die Geheimpolizei dies damals sah.

Worte reichen nicht

Den Menschen ein Gesicht geben, die Namenlosen zumindest als Teil des Geschehens sichtbar festhalten, um an sie zu erinnern und ihnen so einen Platz im Gedächtnis der Gesellschaft einräumen.

Worte allein reichen nicht, wenn man lebendig im historischen Gedächtnis von Menschen und Archiven bleiben will. Das war mir klar nach vielen Jahren zwischen Wörtern, Bildern und Geschehen.

Auch Niederlagen muß man dokumentieren, weil sie gut sind, wenn man daraus lernen will. Sie bringen uns an die Grenze jenseits der Illusionen.

Das ist Geschichtsschreibung heute.

Und deshalb setzte ich dieses Wissen dann erstmalig digital und visuell bei Mannesmann um.

Ja so war das.

Das beste Foto ist das, das überhaupt existiert

Einige Fotos sind unscharf, weil die, die die Kamera bedienten, der Automatik vertrauten und damals bei schlechtem Licht kleine Kameras noch größere Probleme hatten.

Aber es sind die einzigen Fotos, die überhaupt zeigen, wie es war.

Außer in der Erinnerung der Beteiligten ist vieles nicht mehr auffindbar und sichtbar erst gar nicht. Viele Betriebe von damals als soziale Veranstaltungen sind verschwunden, Gebäude sind abgerissen, es wurde umgezogen und vieles mehr.

Die Globalisierung mit ihrer menschenfeindlichen Fratze hat in dieser Region bei so vielen Menschen so viele Wunden geschlagen, dass jede neue Erinnerung auch neue Schmerzen hervorruft.

Erinnerungen zwischen Würde und Schmerz

Aber der Entschluß, daraus dann doch ein Fotobuch zu machen, setzte viele Dinge in Bewegung. Nun sehe ich Menschen und Ereignisse noch einmal und sie haben nichts von ihrer Würde und ihrem Ringen verloren.

Doch sie sind vorbei – aber nicht die Wunden und Schmerzen, die sie hervorbrachten. Diese sind nicht sichtbar aber für den spürbar, der sie erlitten hat. Sie sind in der Seele und schmerzen immer wieder, wenn sie geweckt werden. Globalisierung bedeutet legalisierte Gemeinheit und den Sieg von Gier und Ungerechtigkeit. Davon profitieren nie die kleinen Leute vor Ort. Diese zahlen immer den Preis dafür.

Natürlich gibt es in Momenten des sozialen Kampfes und von Situationen, in denen man weiß, daß man verliert, auch die Momente des Zusammenhalts, die wirklich helfen, diese Zeiten durchzustehen.

Auch daran erinnert man sich. Aber es ist nur ein Trost, weil die Wirklichkeit so trostlos war.

Die Zeiten mit diesem brutalem Umbau sind in dieser Region momentan so massiv vorbei.

Fotos bleiben als sichtbare Dokumente der Erinnerung

Die Fotos sind die einzigen Überbleibsel dieses „Wandels“, der zehntausenden von Menschen und hunderten von Betrieben aus der Region (Remscheid, Solingen etc.) die Arbeit und die Zukunft nahm. Das steht alles exemplarisch für andere Regionen, in denen Ähnliches passierte.

Die Menschen wollten alle arbeiten und ihre Arbeitsplätze behalten. Viele davon wurden arbeitslos und dann stigmatisiert durch Hartz 4.

Und der soziale Ausgleich in dieser Gesellschaft, der zu Beginn dieser Entwicklung manches abfederte, ist einer asozialen Gesetzeslage gewichen, die fast keine gut bezahlten Arbeitsplätze mehr hervorbringt ausserhalb des Beamtentums, sondern die Zeitarbeit als Normaleinstiegsarbeitsverhältnis definiert und damit den Menschen die Perspektive und die Identifikationsmöglichkeit mit diesem System nimmt.

Globalisierung und Industrialisierung

Ich finde, daran sollte man erinnern, weil wir bessere Gesetze verdient haben und weil diese Menschen in dieser Region als lokale Akteure die Namenlosen der Geschichte sind, die man heute unter Globalisierung zusammenfasst so wie man über die Industrialisierung spricht und dabei die Menschen vergißt, die damals Betroffene und Opfer waren.

Blickt man auf die Geschichte der Fotografie, dann war eine Folge der Industrialisierung die Entwicklung der sozialdokumentarischen Fotografie, um das festzuhalten, was in Bildern aussagekräftiger ist und mit Texten dann richtig zugeordnet werden kann.

Und wir?

Wir sind vor kurzem erst dabei gewesen als Betroffene und schon Teil der Geschichte, auch wenn wir noch leben.

Und es geht weiter.

So ist das.

Veröffentlicht in Essay, Europa, Zeitgeschichte

Kann man aus der Geschichte lernen?

Man könnte und man kann. Eigentlich geht es dabei ja um die Politik, die die Interessen der Menschen vertreten soll.

Das Grundgesetz ist so ein Fall. Da hat man gelernt. Weil man wußte, dass zu viel Macht zu Missbrauch führt hat man die Macht aufgeteilt. So zähmte man den menschlichen Charakter und schützte die Menschen.

Damals war ich 16 und Dr. Siegfried Middelhaufe war 80. Er erzählte mir aus seiner Zeit beim Land NRW. Er erzählte von den Nazis, der Organisation ODESSA und den vielen Dingen, die er nie belegen konnte.

Heute sind wir einige Jahre weiter. Und nun lese ich, daß er mit allen Vermutungen Recht hatte.

Oder Bernt Engelmann. Er erzählte mir von den Verquickungen zwischen Verwaltung, Militär und Nationalsozialisten und sagte mir immer wieder, wenn du noch die Bücher von Kurt Pritzkoleit bekommen kannst, dann verwahre sie. Da steht alles drin.

Ich habe in meinem Studium mit einem Schwerpunkt Zeitgeschichte und Drittes Reich noch erlebt, wie vieles an Unterlagen einfach nicht da war.

Aber der Spiegel hatte es auch schon 1956 geahnt.

Als Enzensberger in der anderen Bibliothek OMGUS, die Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, veröffentlichte, da merkte ich, was selbst im Studium fehlte.

Daraus kann man lernen, dass die Eliten von heute oft aus dieser Zeit stammen und die Demokratie dazu dient, deren Reichtum über Generationen zu schützen.

Aber damit nicht genug.

Spätestens seit den neuen Skandalen um Immobilien, Libor, faule Kredite etc. wissen wir, dass auch eine Demokratie nicht schützt vor der grenzenlosen Gier und Skrupellosigkeit.

Demokratie ist eben nicht Demokratie. Es kommt auch darauf an, was drin ist.

Nur Gesetze können so etwas eindämmen, wenn ihr Übertreten zu echten Strafen führt.

Aber die teilweise Verquickung von Politik, Banken, Beamtentum und Wirtschaft hat sich mittlerweile auf eine neue Stufe weiterentwickelt.

Europa ist das Projekt, das vom Europa der Vaterländer zu einem Europa jenseits der europäischen Demokratien werden soll, gesteuert von sog. Sachzwängen einer Ideologie, die sich selbst widerlegt hat wie Andreas Wiersching nachgewiesen hat.

Und nun?

Nun haben wir aus der Geschichte gelernt und dies aufgeschrieben. Brecht wußte schon, daß erst das Fressen und dann die Moral kommt. Später wurde fixiert, daß Erkenntnis und Interesse verschieden sind.

So kann man nicht nur aus der Geschichte lernen sondern auch den menschlichen Charakter kennenlernen, um zu verstehen, warum das Lernen aus der Geschichte kaum funktioniert.

 

 

Veröffentlicht in Alle, Buch, Zeitgeschichte

Wenn Fotografen Geschichte schreiben – Patina. Halle von 1986-1990 von Harald Kirschner

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Mit der Geschichte und der Geschichtsschreibung ist das so eine Sache.

Es gibt viele Texte in vielen Büchern und es gibt wenige, die diese Texte lesen.

Und heute ist die Zeit der Grafiken, der Fotos und der Bilder gekommen.

Zeitgeschichte wird nun der Teil der Geschichte genannt, der von denen handelt, die noch leben und dies miterlebt und mitgestaltet haben.

Wer 1989 schon denken konnte, der war dabei und wer damals schon wählen konnte, der hat dies alles aktiv mit gestaltet.

1986 begann der Fotograf Harald Kirschner die Stadt Halle an der Saale zu fotografieren.

Aber nicht als Kunstobjekt sondern so wie man sie sah, wenn man auf der Straße unterwegs war.

1986 wußte noch niemand, dass 1989 die DDR verschwunden sein würde.

Harald Kirschner fotografierte bis 1990 in Halle an der Saale und hat so in einzigartiger Weise den öffentlichen Raum und das Leben der Menschen dort festgehalten – vor und nach der „Wende“.

In gewisser Weise ist daher das Buch von Harald Kirschner ein gelungener Beitrag zur Alltagsgeschichte des „deutschen Volkes“ in der DDR ab 1986 und den Wandel danach.

Die Fotos sind deshalb einzigartig, weil sie Dinge enthalten, die sonst kaum zu finden sind:

1. sie sind ungestellt
2. sie sind sozialdokumentarisch
3. sie sind nicht thematisch festgelegt

Sozialdokumentarisch bedeutet dabei, dass

  • die Fotos nicht ein einziges Element zeigen, sondern eine komplette Situation
  • die Fotos eine historische Einordnung der Situation ermöglichen
  • die Fotos gesellschaftliche Zustände in exemplarischer Form beschreiben

Es ist eben ein Unterschied, ob ich nur eine Bratwurst fotografie oder eine Bude an einer Strasse, wo ich Menschen sehe, die eine Bratwurst kaufen.

Das liegt an erster Linie an dem/der jeweiligen Fotografen/Fotografin. Sozialdokumentarische Fotografie ist die Fotografie, mit der man am wenigsten verdienen kann.

Seltsamerweise ist sie aber die fotografisch interessanteste Variante, wenn es um die Darstellung von Momenten aus der Wirklichkeit geht.

Wo andere wegschauen, muß diese Art der Fotografie hinschauen.

Und sie ist klar in ihrer Sprache.

Ob er wollte oder nicht, dem Fotografen Harald Kirschner ist mit diesem Buch ein Geschichtsbuch gelungen.

Wenn ein Bild mehr als tausend Worte sagen kann, dann hat es Herr Kirschner geschafft, viele tausend Worte in eine Reihe von Fotografien zu packen und damit Geschichte, Lebensalltag und vieles mehr sichtbar zu machen.

Damit nicht genug.

Man kann mit dem Buch nach Halle reisen und mitlerleben,

  • wie Geschichte damals aussah,
  • wie sie heute aussieht und
  • was sich wirklich geändert hat

Zeitgeschichte eben!

Natürlich ist es ein kleines Buch mit einem kleinen Thema. Aber gerade  durch die Darstellung des Mikrokosmos öffnet sich der Horizont zum Makrokosmos, der weiter und tiefer blicken läßt und auch neue Fragen ermöglicht.

Harald Kirschner fotografierte Halle, um seine Zeit festzuhalten. Daß daraus eine Dokumentation für die Zeit danach wurde, zeigt, wie wichtig diese Art der Fotografie ist.

Jetzt haben wir ein Buch über den öffentlichen Raum in Halle, welches all das zeigt, was damals öffentlich war. Das war viel mehr als man normalerweise erfährt. Und der oft gezeigte Mangel hatte ja auch Gründe.

Wer etwas über die DDR erfahren will und wirkliche Eindrücke von der Welt vor Ort sehen möchte, der findet in diesem Fotobuch ein erstklassiges Geschichtsbuch vor.

Da hat sich der Ablauf des Geschehens in der Politik mit dem Ablauf des Fotografierens von Harald Kirschner ungewollt überschnitten.

So entstand ein Buch, das einen doppelten Charakter hat.

Es ist ein Buch über sozialdokumentarische Fotografie und es ist ein Buch zur visuellen Geschichtsschreibung.

Geschichte ist konkret und findet unter bestimmten Bedingungen statt.

Und der öffentliche Raum spiegelt

  • Werte,
  • soziale Haltungen
  • und Lebeweisen
  • zu einem bestimmten Zeitpunkt
  • an einem bestimmten Ort

wieder.

Und wenn dann diese Dinge auch noch an andere Orte übertragen werden können, weil sie vergleichbar sind, dann ist etwas Besonderes gelungen.

In diesem Fall kann man es sogar kaufen.

Das Buch ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen:

Harald Kirschner
Patina
Halle 1986–1990

112 S., geb., mit Farbabb., 16,7 x 24,0 cm
mit einer Einleitung von T. O. Immisch
ISBN 978-3-95462-063-0

Veröffentlicht in Alle, Buch, Essay, Zeitgeschichte

Sebastião Salgado. Genesis

Wer wissen will wohin er geht, muß wissen woher er kommt.

Dieser Gedanke einiger kluger Menschen hätte auch der Pate des Buches von Sebastiao Salgado gewesen sein können.

Genesis nennt er sein Buch. Wie schreibt der Verlag? „Sein neues Werk, GENESIS, hat sich ein Ziel gesetzt, dem auch das von Sebastião und Lélia Salgado begründete Instituto Terra verpflichtet ist: unser Bewusstsein dafür zu schärfen, wie kostbar die letzten unberührten Winkel unserer Welt sind – für uns selbst wie für zukünftige Generationen. Und was eignete sich dafür besser, als uns die Schönheit dieser Welt vor Augen zu führen? GENESIS, das Ergebnis von acht Jahren intensiver Reisetätigkeit, zeigt uns nun diese letzten Naturräume – Wüsten, Meere, Urwälder –, die dem Zugriff unserer modernen Zivilisation noch entgangen sind, und die Menschen und Tiere, die in ihnen leben.“

Ist so ein Buch ein Geschichtsbuch?

Ich habe lange überlegt und dann war die Antwort klar. Ja, es ist ein Geschichtsbuch, weil die Geschichte der Natur die Geschichte der Menschheit ist und weil die Gegenwart nur durch den Spiegel der Vergangenheit und ihren Folgen gesehen werden kann.

Es ist ein Menschheitsbuch. Es handelt von den Menschen und ihrem Handeln auf dieser Welt.

Salgado gelingt es durch die Fotografie, kulturübergreifend die biologischen und natürlichen Bedingungen unserer Existenz zu zeigen. Er verdeutlicht die Dinge, die vor der Technik kommen und das Wesen der menschlichen Rasse ausmachen. Er zeigt auch, dass wir Teil der Natur sind und umgekehrt wird sichtbar, wie weit wir uns davon entfernt haben ohne unsere conditio humana wirklich hinter uns zu lassen.

Normalerweise sind Geschichtsbücher Bücher mit Geschichten über Macht und Herrschaft und deren Folgen. Hier entstand ein Geschichtsbuch über die Schönheit der Welt und das Wirken der Menschen in seiner Vielfalt.

So ist dieses Buch vielleicht ein einzigartiges Geschichtsbuch, weil es die Geschichten nach der Geschichte mit Fotos erzählt.

  • Gesehen mit den Augen von Salgado,
  • Gefunden beim Durchstreifen des Planeten,
  • Festgehalten mit Digitalkameras und
  • Gedruckt im Taschen-Verlag

entstand ein Buch der besonderen Art.

Und es ist eben auch ein Geschichtsbuch für sich selbst und für andere zu vielen Gelegenheiten.

Im Taschen-Verlag erschienen gibt es dort auf der Webseite auch noch mehr Fotos zu sehen.

Sebastião Salgado. Genesis

Lélia Wanick Salgado

Hardcover mit 17 Ausklappern

520 Seiten

€ 49,99

 

Art und Limitierte Edition:

 

Collector’s Edition

Hardcover, 2 Bände mit einem vom Tadao Ando entworfenen Buchständer aus Kirschbaumholz
Diese Collector’s Edition ist auf 2500 Exemplare limitiert.

704 Seiten, € 3.000

 

Auch erhältlich 5 Art Editions, auf jeweils 100 Exemplare limitiert, mit je einer signierten Schwarz-Weiß-Fotografie

Hardcover, 2 Bände vollständig in Leder gebunden mit einem vom Tadao Ando entworfenen Buchständer aus Kirschbaumholz

Jedes Set wird mit einem signierten und nummerierten Silbergelatine-Print geliefert, € 8500 Euro

 

Veröffentlicht in Alle, Neuzeit, Zeitgeschichte

Unterwegs in den Osten von Jáchym Topol und Karel Cudlin

Das Buch ist beeindruckend. Es ist ein kleiner Schatz der Fotografie und Literatur. Dieses Buch ist dokumentarische Fotografie und dokumentarische Literatur und Geschichtsbuch in einem Band.

Wer jemals im Osten vor 1989 war und/oder auch in der Tschechoslowakei, der findet hier wieder, was man selbst gesehen hat und noch viel mehr. Denn das Buch berichtet über die Zeit bis 1989 und die Zeit nach 1989.
„Unterwegs in den Osten von Jáchym Topol und Karel Cudlin“ weiterlesen

Veröffentlicht in Alle, Zeitgeschichte, Zitate

Zeit und Stress

Ein Hauptergebnis der industriellen Revolution besteht … in der Vernichtung von Arbeitsplätzen. Zuerst wurde einfache, dann qualifizierte Handarbeit überflüssig. Das Gros der freigesetzten Arbeitskräfte wanderte von der Landwirtschaft zur Industrie und später in den Dienstleistungsbereich. Jetzt unterliegt auch dieser zunehmend der Automatisierung. Darüber hinaus erledigen intelligente Maschinen geistige Routinearbeit und unterstützen Managementaufgaben. In absehbarer Zukunft wird jegliche Arbeit in den Händen weniger Höchstqualifizierter liegen.
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Veröffentlicht in Alle, Altertum, Zeitgeschichte, Zitate

Populationen der Steinzeit

Die Populationen der Steinzeit lebten gesünder als die meisten Völker, die ihnen nachfolgten: Zur Zeit der Römer gab es mehr Krankheit in der Welt als je zuvor, und selbst im England des früheren neunzehnten Jahrhunderts dürfte die Lebenserwartung von Kindern kaum höher gewesen sein als schon vor 20000 Jahren.
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Veröffentlicht in Alle, Altertum, Neuzeit, Zeitgeschichte, Zitate

Der Niedergang Europas

„Die Macht des Heeres war die Macht der Heerführer, die immer wieder ihre Stellung mißbrauchten, um als Imperator oder Gott-Kaiser an die oberste Spitze zu gelangen.

(Moral: Das Heer hätte, wie in der guten alten Zeit, ein Bürgerherr sein müssen, geführt von loyalen Bürgern, nicht ein Heer teils von Söldnern, teils von widerwillig Hineingezwungenen, teils sogar von Nicht-Römern, von Germanen.)
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