Geschichte ist das, was früher geschehen ist. Zeitgeist in der Geschichtsschreibung ist das, was uns davon interessiert.
„Drei Voraussetzungen bilden die Grundlage aller Forschung: Freiheit des Denkens, Gabe der Beobachtung, Sinn für Zusammenhänge. Dem möchte ich noch eine vierte hinzufügen: die Überwindung des Zeitgeistes. Wir müssen die Felsbildkunst nicht nur mit den Argumenten von vorgestern interpretieren, sondern auch mit den Fragen unserer Gegenwart.“
So schreibt Erich von Däniken im Vorwort des Buches von Reinhard Habeck.
Zusammen mit Elvira Schwarz, die die Fotos machte, entstand so ein Buch, das Geschichte anschaulich macht.
Es zeigt wie schwierig es sein kann gute Fotos zu machen und wie gut es ist, wenn man immer wieder Fotos gemacht hat.
Insofern ist es ein Buch über die Dokumentationskraft von Fotografie. Im Mittelpunkt steht aber die Reise der beiden Personen, ihre Erlebnisse beim Entdecken der Steinzeichnungen und bei Fragen zu dem, wo es bisher keine echte Antworten zu gibt.
Der Text zum Buch beschreibt den Rahmen:
„Val Camonica in Oberitalien ist ein magischer Ort. Hier liegt das größte Geschichtsarchiv Alteuropas: Bislang wurden über 350.000 prähistorische Felszeichnungen freigelegt. Die merkwürdigsten Motive zeigen Geschöpfe, die frappant an Astronauten unserer Tage erinnern. Nicht weniger verblüffend: Steinplatten mit fixierten Geländemarkierungen, die ein erstaunliches Wissen über Topografie und Vermessungstechnik belegen.
Ausgehend vom Val Camonica geht Reinhard Habeck diesen und anderen Fragezeichen der alpinen Vorgeschichte auf den Grund. Er hat verborgene und neu entdeckte Fundstellen prähistorischer Felskunst besucht, bedeutende Forscher zu den alpinen Steinwundern befragt und stellt provokante und überraschende Thesen zur Diskussion.“
Das Buch ist gut zu lesen und die Fotos dokumentieren sehr gut die Zeichnungen. Wir kommen mit den Autoren zu den Fragen, die sich auch die Autoren stellen.
Wie ist es möglich, daß überall auf der Welt dieselben Zeichnungen entstanden sind?
Da es sich nicht um Allerweltszeichnungen handelt, muß es eine Verbindung geben.
Aber es ist auch ein Reiseführer durch Tirol und die Lombardei.
Irgendwie einzigartig gut ist der Gedanke, man selbst macht dort Urlaub, um die alten Steine und Zeichen zu sehen.
Das Buch lebt von der Fotografie. So wunderbar die Texte sind, lebendig und anschaulich und vor allem dokumentierend und nachdenklich machend wird es nur durch die Fotos.
Mir gefällt auch, daß die teilweise recht schwer zu lesenden Steinzeichnungen noch einmal als Skizze daneben zu sehen sind. So erschließt sich dies alles noch viel mehr.
Bei den Erklärungsversuchen unerklärlicher aber sichtbarer Zusammenhänge stehen wir dann an der Grenze unseres Wissens.
Das geht ganz schnell und zeigt wie wenig wir doch wissen, auch wenn wir glauben, allwissend zu sein.
Auf eine spezielle Art macht das Buch gerade durch die detaillierte Arbeit der Autoren den Kosmos sichtbarer.
Es ist ein Fachbuch, das als Sachbuch auftritt und keine Angst vor dem Mut zur Lücke und dem Wagnis zur Meinung hat.
Spannend und gut!
Das Buch ist bei Styria erschienen.
Reinhard Habeck, Felsbildrätsel der Alpenwelt
ISBN: 978-3-85431-670-1