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Sichtbarkeit und Bewußtsein – Das neue Antlitz der Zeit in Remscheid als Beispiel für die Zeit nach der Industrie

In Remscheid im Bergischen Land sind nach und nach sehr viele mittelständische Industriebetriebe verschwunden. Davon nicht betroffene Teile der Bevölkerung haben dies meistens nur am Rand registriert. Ich nenne stellvertretend drei Beispiele:

Die Firma A. Ibach

A. Ibach – Foto Mahlke

Die Firma Böllinghaus Stahl

Boellinghaus – Foto Mahlke

Die Firma Honsberg Lamb

Honsberg – Foto Mahlke

Wie man sieht sieht man nichts. Das alte Gesicht von Remscheid in der Stadt ist weg.

Wie es bei Honsberg aussah ist hier verlinkt noch zu sehen. Die sozialen Spuren, die mit diesen Gebäuden und Geländen verbunden sind und waren, haben so auch keinen Ort der Erinnerung mehr. So viel zum Thema Erinnerungskultur der Seestadt auf dem Berge.

Wer vor zwanzig Jahren durch Remscheid fuhr, sah Industrieunternehmen und Industriearbeitsplätze. Wie wir wissen hängen an jedem Industriearbeitsplatz im Umfeld ca. drei andere Arbeitsplätze.

Wer heute durch Remscheid fährt sieht an Stelle dieser Unternehmen entweder Lidl, Penny oder andere Einkaufsmärkte.

Das ist nicht nur eine sichtbare Veränderung, sondern zugleich auch ein sichtbares Zeichen für große soziale Veränderungen. Denn an diesen Stellen gibt es keine Ausbildung und keine Arbeit mehr wie früher und es gibt keine echte Wertschöpfung sondern nur Konsum.

Es gab nicht nur den Zusammenbruch der DDR sondern auch den Zusammenbruch der BRD im sozialen Wesen. Aber das steht bisher nicht in den Geschichtsbüchern, weil dann klar würde, daß der Mythos der Wiedervereinigung nicht stimmt sondern ein sozialer Kahlschlag  und soziale Umverteilung nach oben in vorher nie gekannten Ausmaß die Folge waren. Dieses Land wurde zum Raub freigegeben und die neuen Raubzüge finden still und über Verschuldung und Sozialabbau für die Staatsbürger statt. Die Wiedervereinigung war der Glücksfall für die Gier, die sich ungehindert wie ein Krebsgeschwür ausbreiten konnte und alles fraß, was ihr in die Quere kam. Das nennt sich Neoliberalismus.

Konsumhallen sind gekommen, aber ohne Geld?

Und Dienstleistung ist angesagt, Niedriglöhne sind angesagt statt mehr Zukunftsfähigkeit wie in Österreich oder Schweden. Das neue Gesicht würde eher noch Altenheime und betreutes Wohnen zeigen. Da sitzen aber heute die mit den guten Renten drin.

Aber das ist alles keine Wertschöpfung im klassischen Sinne.

Es zeigt allerdings den Wandel von der industriellen Gesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft.

Das stimmt allerdings auch nur begrenzt, weil es ja woanders noch Industrie gibt und auch einige Betriebe noch in Remscheid sind. Aber wesentlich weniger und mit wesentlich weniger Menschen.

Zugleich hat Remscheid jetzt ein neues Gesicht in der Stadt und auch am Stadtrand.

Das neue Antlitz der Zeit als visueller architektonischer Ausdruck herrschender sozialer Verhältnisse sieht dann so aus wie hier gezeigt.

Dazu gehört auch A. Strasmann auf Ehringhausen.

In Ehringhausen wurde das ehemalige Gelände der Firma Strasmann komplett mit Häusern und Villen zugebaut.

Damals A. Strasmann heute Villen – Foto Mahlke

Dies alles sind Orte sozialer verlorener Kämpfe.

Die Stellen wurden nun architektonisch überschrieben.

Meine Gedanken versuchen gerade dieser neuen Gegenwart ins Auge zu blicken und das vorher Erlebte einzubringen.

So bin ich mittendrin statt nur dabei.

Das ist sozialer Wandel.

Nachtrag: Einen weiteren Artikel zu diesem Text gibt es hier.

 

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