Veröffentlicht in Bergisches, Zeitgeschichte

Mythen der Industriekultur – der Mythos im Ruhrgebiet und der im Bergischen Land

„Die Frühjahrsausgabe des Forum Geschichtskultur Ruhr, vormals Forum Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, setzt sich mit seinem Themenschwerpunkt „Kulturhauptstadt historisch“ mit den Projekten der Museen, Archive, Vereine und Initiativen im Kulturhauptstadt 2010 auseinander. Zahlreiche Akteure kommen im vorliegenden Heft mit ihren „Bilanzierungen“ zu Wort.

Zwar sei der Wandel des Ruhrgebietes zur Metropole Ruhr herausgestrichen worden, so Achim Prossek in seinem Beitrag zur Bedeutung von Geschichte im Jahr der Kulturhauptstadt, dabei sei aber der „Strukturwandel … als Erfolgsgeschichte verkauft [worden], ohne nach den mit ihm einhergehenden Verletzungen, Verlusten und Kompensationen zu fragen“. Bedient werden sollte der Mythos Ruhr, an dessen historisch-kritischer Dekonstruktion kein hervorragendes Interesse bestand.

Doch haben in Mythen verfestigte Muster der Deutung von Geschichte es an sich, dass sie in Phasen beschleunigten gesellschaftlichen Wandels ihre Bindungs- und Orientierungskraft für die Gegenwart verlieren. In diesen Kontext sind Dieter Nellens Überlegungen zur Konturierung des Begriffs „Industriekultur“ in der regionalen Geschichtspolitik zu stellen, da nach der Zeit von RUHR.2010 mit diesem Kernbegriff der Ruhrgebietsidentität das So-geworden-sein weiterhin zu klären und für die Zukunft entwicklungsfähig zu gestalten ist.“

Das sind starke und gute Worte, die ich auf der Webseite des Forum Geschichtskultur fand.

Daraus leite ich die Frage ab, gibt es einen solchen Mythos auch im Bergischen Land?

Die älteste Industrieregion Europas oder eine der ältestens Handelsregionen?

War es überhaupt eine Region?

  • Wuppertal mit der Wupper im Tal und der Textilindustrie,
  • Solingen mit der Schneidwarenindustrie,
  • Remscheid mit der Werkzeugindustrie

Später wurden Bergische Kotten mit Wasserkraft abgelöst von Maschinenhallen und der Maschinenbau wurde Bestandteil aller Städte.

Und daneben gibt es ja noch das Bergische Land ab Wermelskirchen bis hinter Gummersbach. Diese Region will mit den bergischen drei Städten nichts zu tun haben.

Und es gehört auch zur Wahrheit, daß die Regierungspräsidentin von Köln zwar über Remscheid regiert, aber von Remscheid aus kein Zug nach Köln fährt.

So gehört es zu den Glücksfällen dieser Region, daß Susanne Abeck zusammen mit Studierenden ein Buch herausgegeben hat, welches diesen industriellen Flecken einen Rahmen gibt, der Blicke auf die Vergangenheit und die Gegenwart ermöglicht.

Es ist ein Highlight der Region.

Das Buch von Susanne Abeck (Hrsg.): heimat handwerk industrie. Museumshandbuch Bergisches Land ist im klartext-verlag erschienen.

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Wie schreibt der Verlag?

Das Bergische Land mit seinen reizvollen Höhenzügen lädt nicht nur zum Spazierengehen und Durchatmen ein, sondern macht mit seinen knapp 60 Historischen Museen und Sammlungen auch Lust auf eine Geschichtstour. Beeindruckend ist die Vielfalt an Geschichts- und Erinnerungsorten, die von großen Industriemuseen über Regional- und Stadtmuseen hin zu zahlreichen Privatsammlungen reicht.
Zudem wartet die Museumslandschaft des Bergischen Landes mit einigen Superlativen auf: die erste Fabrik des europäischen Festlandes, die deutschlandweit größten Spezialmuseen zu Papier und Werkzeug und die weltweit größte Sammlung historischer Bestecke können hier besichtigt werden. Hinzu kommen die Menschen vor Ort, die, häufig ehrenamtlich tätig, den Museumsbesuch zu einer echten Begegnung mit der Geschichte des Bergischen Landes machen.

Im Ruhrgebiet versucht man den Mythos der einheitlichen Region als Metropole Ruhr #metropoleruhr weiterhin aufrecht zu erhalten.

Im Bergischen Land ist kein soziales oder strukturelles städteübergreifendes Band vorhanden, weder im ÖPNV noch bei Verwaltungsstrukturen. Systematisch wurschtelt jeder vor sich hin. Das Bergische Land ist ein Beispiel für die Rückkehr des deutschen Flickenteppichs aus der Zeit vor Napoleon. Es fehlen nur die Schranken. Statt Verwaltungsstrukturen und einen ÖPNV zu schaffen, der z.B. einen Großraum der bergischen Städte schafft mit der Möglichkeit für alle Bürger gut und günstig überall hin zu kommen, mauert sich jede Stadt durch eigene Fahrkarten und Gebühren eher ein. Miteinander und bürgernah sehen anders aus.

So kann die Gegenwart wie die Vergangenheit sein. Wenn es einen Mythos vom Bergischen Land gibt, dann ist es der vom Flickenteppich – und der lebt weiter.

Nachtrag: Wie alles umgebogen wird, um an Fördergelder zu kommen, kann man nun hier sehr schön lesen. Jetzt gibt es die „Metropolregion“.