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Dokumentarfotografie als Arbeitsweise für Historiker – Berufung statt Beruf

Ähnliche Erfahrungen bei Sebastiao Salgado und Michael Mahlke

Mein Beispiel

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung.

Ein besonderes Erlebnis hatte ich kurz nach dem Fall der Mauer. „Dokumentarfotografie als Arbeitsweise für Historiker – Berufung statt Beruf“ weiterlesen

Veröffentlicht in Bergisches, Zeitgeschichte

Bilddokumentationen als Beiträge zur Geschichtsschreibung am Beispiel Bergisches Land 1999 bis 2009

Bilder erzeugen Erinnerungen oder Einsichten, im besten Fall Erinnerungskultur – für die, die dabei waren und für die, die nicht dabei waren. Das ist die Aufgabe von Dokumentarfotografie als Teil der Geschichtsschreibung.

Meine Fotos hier zeigen, dass diese sozialen Entwicklungen überhaupt geschehen sind und dies bewußte Entscheidungen der Politik waren: Verarmung und Sozialabbau bei den Fleissigen und Arbeitsamen bis ins Alter. „Bilddokumentationen als Beiträge zur Geschichtsschreibung am Beispiel Bergisches Land 1999 bis 2009“ weiterlesen

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Visual History oder Geschichte schreiben mit Bildern durch Fotografie

Mein Thema waren und sind die Vergessenen. Über die wollte ich immer schreiben, weil ich es als ungerecht empfand, daß in den Geschichtsbüchern immer die Mächtigen stehen und diese auch den Unterricht bestimmen – sogar nach ihrem Tod.

Ich wollte dazu beitragen, daß die kleinen Leute mit ihren Kämpfen und ihrem Leben nicht vergessen werden (wie ich selbst), damit sie irgendwann in der Gegenwart mit ihren Themen dominieren können.

Und so schrieb ich erst Bücher und versuchte später mit Fotografien und Dokumentarfotografie gegen das Vergessen und für Verbesserungen zu schreiben.

Die Rückkehr der Armut wurde ab der Agenda 2010 zu meinem Thema und die neue Völkerwanderung mit ihrer Bedrohung kam hinzu.

Das findet man einerseits bei bergischer.bildermonat.de und andererseits bei zeitgeist.bergischdigital.de. Im größeren Rahmen ist dies auf dokumentarfotografie.de zu finden.

Ich konnte die visuelle Geschichtsschreibung umsetzen, die die Auswirkungen der politischen Entscheidungen auf die Menschen im öffentlichen Raum zeigt und das soziale Geschehen festhält – klassische Dokumentarfotografie eben.

Aber mehr war nicht drin und ist wohl auch mit Bildern in diesem Rahmen nicht möglich, zumal meine Mikrowelt Remscheid und drumherum war.

Ich sah, wie große Medien weiterhin das Denken und Handeln dominieren. Ich analysierte diese Kraft der Bilder.

Mein Wissen brachte mir Erkenntnisse wie: Sozialer Wechsel wird ersetzt durch einen Bilderwechsel.

Ich habe verstanden.

Es sind die Mächtigen, die bestimmen und die bestimmen auch, was vergessen und übersehen wird.

Und selbstverliebt wird von der herrschenden politischen Klasse fast alles ausgeblendet, was zwar da ist, aber nicht in ihre Interessen passt. Die Interessen sind bestimmt vom eigenen Ego und denen, die sie führen und bezahlen, wenn auch oft indirekt.

Es ist so, daß Politiker regieren und die Mächtigen herrschen. Nur in den USA erleben wir gerade, wie Einer aus der Gruppe der Herrschenden gerade versucht als Politiker auch zu regieren. Das ist was besonderes im aktuellen Zeitgeschehen.

Und so habe ich immer gegen das Vergessen gekämpft und gehofft, visual history in digitalen Zeiten würde auch Bewußtsein schaffen, das im Handeln mündet.

Aber das geht nicht, weil der Aufstieg des kleinen Mannes das Beamtentum ist und damit sofort wieder die bestehenden Verhältnisse stabilisiert werden.

Der Sklave möchte eben Aufseher der Sklaven werden statt die Sklaverei abzuschaffen, wie Gabriel Laub einmal bemerkte.

Wie wahr!

Nun gut, zumindest ist die Wirklichkeit, die ich eingefangen habe, da. Aber es gehört auch zur Wirklichkeit, daß die meisten Menschen so mit ihrer eigenen persönlichen Wirklichkeit beschäftigt sind, daß sie die sozialen Strukturen und Verhältnisse dahinter gar nicht sehen wollen oder können, geschweige denn dagegen angehen wollen.

Anders ausgedrückt und viel besser ausgedrückt hat es Karl Marx: das Sein bestimmt das Bewußtsein.

Und die Welt der Bilder heute stabilisiert den fehlenden Durchblick.

Das System mit seiner repressiven Toleranz ist stärker und die Mehrheit darin will es so behalten.

Für mich ist es bitter, daß meine Kraft nicht ausgereicht hat, um für die Vergessenen, zu denen ich mich auch zähle, mehr zu tun und meine Opferbereitschaft hat vor allem aus mir selbst ein Opfer gemacht, wie ich reflektierend erkennen mußte.

Die Anerkennung der Realität ist die Grundlage für alles, eine Französische Revolution ist nicht in Sicht (auch nicht unbedingt gewünscht), eher eine Art Merkeltilismus als Symbiose von Mächtigen und Regierenden in der repressiven Demokratie, die die soziale Sicherheit als Grundpfeiler demokratischen Handelns mit sozialer Unterwerfung und Kontrolle verknüpft hat (Hartz4) – gegen das geltende Grundgesetz.

Demokratie und Wohlstand sind eine Ehe eingegangen, bei der für den Wohlstand die Demokratie geopfert werden könnte.

Wer weiß ob die Mächtigen dies später in ihren Geschichtsbüchern auch so beschreiben.

Wer weiß, ob Europa Gestalter oder Opfer wird.

So viele Fragen, so großes Denken, so wenig Chancen.

So ist die Welt.

Ich nehme nun die Welt an wie sie ist und wende mich Albert Camus zu:

„Das Elend hinderte mich, zu glauben, daß alles unter der Sonne und in der Geschichte gut sei; die Sonne lehrte mich, daß die Geschichte nicht alles ist. Das Leben ändern, ja, nicht aber die Welt, die ich zu meiner Gottheit machte.“

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Geschichte ohne Epochen? – von Jacques Le Goff

„Die Historiker dürfen nämlich auf gar keinen Fall, wie das bislang zu oft geschehen ist, die Idee der Globalisierung mit Gleichmacherei verwechseln. Bei der Globalisierung gibt es zwei Etappen. Die erste besteht in der Kommunikation: Zwischen Regionen und Zivilisationen, die vorher nichts miteinander zu tun hatten, werden Kontakte geknüpft. Die zweite ist ein Phänomen der Absorption, der Verschmelzung. Bis heute hat die Menschheit lediglich die erste Etappe erlebt.“

So endet das Buch des erfahrenen Historikers Jacques Le Goff. Es endet mitten in der Gegenwart.

Und genau darum geht es. „Geschichte ohne Epochen? – von Jacques Le Goff“ weiterlesen

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Sarajewo – Geschichtsschreibung als Dokumentarfotografie. Anmerkungen zu Ursula Meissner und Friedhelm Brebeck:

Ursula Meissner ist Fotografin. Ihr Thema sind Kriege und Konflikte. Dazu gehören auch starke Emotionen in starken Fotos. Sie versteht es, dies alles visuell einzufangen und auszudrücken. Manches von ihr ist so dokumentarisch und authentisch, daß es eine besondere Kunst (und Kunstform?) geworden ist. Heute ist sie eine der weltweit bekanntesten Kriegsfotografinnen.

Aber sie fotografiert weniger die Schlachten und die Schützen, sie fotografiert vor allem auch das, was danach passiert in einer Art, die aus Fotos visuelle Welten macht.

Das hat sie so bemerkenswert werden lassen.

Denn Krieg bedeutet Zerstörung, Gewalt und Leid. Dort setzt sie an aber dort hört sie nicht auf.

Es gelingt ihr die Hoffnung zu zeigen und das Gedenken, wenn es hoffnungslos war.

Daraus ist gemeinsam mit Friedhelm Brebeck ein Buch entstanden, das eindrucksvolle Texte mit dokumentierenden Fotografien verbindet.

Es ist das Buch über Sarajewo von 1992 bis 1996. So etwas kann man natürlich nur schreiben, wenn man auch länger dort war.

Und so entstand ein Buch über ein Ereignis vor Ort mit seinen Einschnitten im Leben der Menschen. Zugleich ist dieses Buch aber mehr.

Nun ist es gut 15 Jahre später ein beeindruckendes und bis heute lebendiges Dokument der Zeitgeschichte und berührt direkt die Gegenwart.

Denn es zeigt durch das Dokumentieren der Abläufe für uns heute die Folgen.

Wer wissen will welche Folgen Fanatismus, Machtspiele und religiöse Ausgrenzung haben und wer wissen will, warum und wie Haß entsteht, der findet durch die visuelle Aussagekraft und durch die Texte Erklärungen dafür, warum nach Mord und Zerstörung die Versöhnung so schwer ist.

Meissner und Brebeck haben damit etwas geschaffen, das sehr selten ist, weil es weiter wirkt.

Es ist zugleich aber auch ein Beleg dafür, daß Geschichtsschreibung heute, wenn sie mehr als eine Chronologie sein soll, neue Wege gehen muß.

Nur so können soziale Zusammenhänge und mentale Veränderungen und Einstellungen sichtbar und erklärbar werden.

Wenn Menschen nach Deutschland kommen, dann tragen sie oft die Bilder in ihrer Seele, die wir nicht sehen.

Ursula Meissner hat sie für diesen Krieg damals aufgenommen und Friedhelm Brebeck hat sie zu Papier gebracht.

Help my: Bilder vom belagerten Leben, Sarajevo 1992-1996

von Friedhelm Brebeck und Ursula Meissner

ISBN 3-930459-17-5

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Fotos & Texte

„Fotografen sind Geschichtenerzähler. Die einen erzählen über Landschaften, die anderen über Gesichter und die dritten über Vorgänge. Nur dass sie diesen einen großen Nachteil haben: Zum Erzählen der Tiefe steht ihnen immer nur die Oberfläche zur Verfügung. Darunter leiden alle.“

Diese schönen Worte von Jim Rakete machen klar, warum Fotos auch Texte brauchen. Damit man versteht, was man auf der Oberfläche sieht.

 

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Michael Mahlke – Retrospektive oder der Blick zurück nach vorn

Ein Teil meines Lebens ist das Interesse an und die Beschäftigung mit Geschichte. Was ist dabei in den letzten 25 Jahren herausgekommen?

Meine historischen Themen haben sich aus meinem Leben ergeben. Ich schrieb Bücher und/oder gab sie heraus, entwickelte Lernsoftware und zuguterletzt dokumentierte ich mit Bildern Veränderungen, die ich selbst erlebt hatte. Ich kam vom Text zum Bild. Es ging immer um Sozialgeschichte, Zeitgeschichte und später um sozialdokumentarische Fotografie bzw. Dokumentarfotografie.

Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass die Menschen auch mit Bildung keine Chance haben, aus ihren vorgefundenen sozialen Verhältnissen zu kommen.

Solange Macht und Eigentum im grossen Stil und weltweit vererbt werden oder durch Heirat übertragen werden, bleiben die Armen die Dummen. Der Aufstieg der Armen ist in Deutschland der Beamtenstatus. Damit wird man automatisch wieder zum Mitarbeiter der bestehenden sozialen Verhältnisse. So geht das.

Bildung hilft dies zu verstehen, deshalb wollen die Mächtigen auch nicht, dass zu viele Menschen lesen, schreiben und denken lernen. Aber Macht wird eben nur durch Gegenmacht begrenzt und Reichtum ebenfalls nur durch Reichtum, also Umverteilung.

Nach meinem Studium der Menschen in Geschichte und Gegenwart (Geschichte und Sozialwissenschaften) habe ich konkret und lokal die Menschen und ihre Verhältnisse vor 150 Jahren untersucht und im Prinzip diese Untersuchungen bis heute fortgesetzt, wobei ich die letzten 30 Jahre bewusst politisch miterlebt habe und als Zeitgenosse und Zeitzeuge vom Wort zum Bild wechselte.

Erst schrieb und forschte ich, dann war ich selbst Akteur, das wiederum reflektierte und dokumentierte ich. Einen Teil sieht man, ein anderer Teil ist im Archiv und darf erst nach 30 Jahren veröffentlicht werden.

Was ich getan habe, hätte man als beamteter Historiker nicht tun können (man wäre auch nie drauf gekommen). Die meisten historischen Arbeiten habe ich sogar selbst bezahlt oder nur einen kleinen Teil der Kosten zurückerhalten.

Es war persönliche Motivation und der Idealismus bzw. Glaube daran, dass die Hoffnung das Salz in der Suppe des Lebens ist.

So wurde zumindest den vielen namenlosen Zeitgenossen von mir ein Gesicht gegeben und über ihr Leben wurde berichtet. Das kann in späteren Jahren historisch wichtig sein, wenn die Archivierung gelingt.

Aber im Ergebnis war dies alles an den vorherrschenden sozialen Normen gemessen für mich persönlich karrierehemmend und es waren materiell reine Verlustgeschäfte. Erfolg sieht anders aus.

Es hat auch niemand anders gemacht ausser einer anderen Person, die mehrfach über die Verfolgten der Nazizeit in Remscheid schrieb und dabei auch nur draufzahlte.

Es lohnt sich also weder sozial noch materiell, sich mit den Menschen und ihren Kämpfen zu beschäftigen und gegen das Vergessen zu schreiben, weil meiner Erfahrung nach weder die Beteiligten noch die Betroffenen in der Regel ein Interesse daran haben. Es gibt meistens Streit und es ergeben sich daraus für die eigene soziale Stellung nicht einmal Respekt oder gesellschaftliche und ideelle Anerkennung – geschweige denn ein Ausgleich für die eingesetzte Lebenszeit.

Wer so etwas macht, kann es nur aus sich selbst heraus tun, aus der Überzeugung, dass dies wichtig ist – für die Demokratie, die Menschen und das kollektive Gedächtnis und als Akt gegen das Vergessen.

Aber es ist so wie es auch für die engagierte Dokumentarfotografie beschrieben wurde: es ist eine undankbare Aufgabe und davon zu leben ist praktisch unmöglich.

Ich ging arbeiten, um zu leben, machte dies alles nebenbei ausserhalb der Arbeitszeit und musste sogar noch aufpassen, dass ich bei der Dokumentation von sozialen Kämpfen und Ungerechtigkeiten nicht noch fristlos entlassen wurde. Das hatte was! Ich lernte dabei vor allem, dass andere Forderungen an mich stellten, die sie selber nicht erfüllen konnten und Ergebnisse verlangten, für die sie unfähig waren, die Voraussetzungen zu schaffen. Wenn man dabei nicht resignieren, erstarren und verlieren will, kann man sich davon nur entfernen.

Da waren die knapp zwei Jahre in der Altenpflege mit Anfang 20 viel erfüllender oder später das Coaching von Menschen, die eine neue Richtung in ihrem Leben suchten.

Menschen sind animalisch und können durch Erziehung und Vorleben diesen Zustand teilweise überwinden oder ergänzen und zu sozial engagierten und toleranten Menschen werden. Ich habe sogar geglaubt, dass der Verstand und die Vernunft im Sinne der Menschheit eingesetzt werden können. Meine Hoffnung war, dass das Pendel vom ICH zum WIR mehr zum WIR ausschlägt.

Aber ich habe heute begriffen (mit 50 Jahren), dass die Menschen sich nicht ändern sondern sich nur das zivilisatorische Umfeld ändert, bis auf ein paar Ausnahmen, die ich kennengelernt habe. Damit kommt man dann jenseits der Illusionen an.

Über 20 Jahre führte ich parallel Seminare durch zu Themen wie „Global denken, vor Ort handeln“, Deutschlandfrage und Kalter Krieg, Politische Psychologie oder dem besseren Umgang miteinander, ökologieorientierter VWL, Verhaltenstraining in Konflikten, später kam Coaching hinzu und vieles mehr. Dann stellte ich mir die Frage, ob es etwas genutzt hatte im Sinne einer Veränderung hin zu mehr WIR. Das war offenkundig fast nie der Fall.

Und wer glaubt, Leistung würde sich lohnen, der muss sich immer nur neben den stellen, der einfach als Sohn zum Geschäftsführer wird oder erbt, um vielleicht irgendwann zu merken, dass sich Leistung in so einem System nicht lohnen kann. Chancengleichheit ist vielleicht die größte Illusion, die in der Demokratie vermittelt wird, weil sie als Begründung Bildungschancen nennt aber vergisst, dass Bildung allein auch nicht viel nutzt, weil es um die Abstammung und den Geldbeutel geht. Die sogenannte Durchlässigkeit der sozialen Schichten ist so gut wie nicht gegeben.

Noch mehr dazu schrieb ich in zwei anderen Artikeln nieder „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ und „Fotografieren nach dem Weltuntergang“. Alle drei Artikel zusammen ergeben meine Sicht der Welt aus historischer Perspektive im Jahre 2013.

So ist die eigene Lebensgeschichte auch ein guter Ansatz, um die Welt zu verstehen. Sie führt zurück zum Ich.

Vielleicht ist das die Antwort – meine Antwort.