Eine persönliche Analyse
Erinnern Sie sich noch an den Lopez-Effekt? Das war ein Manager, der bei VW die Kosten gesenkt hat. Dazu zwang er Zulieferer zu verlagern und immer billiger zu werden. „Wie Hartz 4 die Gewerkschaften einholt“ weiterlesen
wenn aus gegenwart vergangenheit wird – geschichtsbuch.vonmahlke.de
Eine persönliche Analyse
Erinnern Sie sich noch an den Lopez-Effekt? Das war ein Manager, der bei VW die Kosten gesenkt hat. Dazu zwang er Zulieferer zu verlagern und immer billiger zu werden. „Wie Hartz 4 die Gewerkschaften einholt“ weiterlesen
In Unterhaltungsmedien funktioniert die Manipulation besonders gut. Dies zeigt uns Silke Betscher in ihrem Buch über illustrierte Zeitschriften im Nachkriegsdeutschland. Es sind allerdings nur vier Zeitschriften.
Der vollständige Titel des Buches lautet „Von großen Brüdern und falschen Freunden. Visuelle Kalte-Kriegs-Diskurse in deutschen Nachkriegsillustrierten“.
Ist Textlogik argumentativ und Bildlogik assoziativ? Daraus ergibt sich bei der Autorin die „visuelle Diskursanalyse“ als Methode des Buches.
Daniel Krause meint dazu: „Visuelle Diskursanalyse“ wirft zahlreiche Fragen auf, und Betscher bringt wertvolle Klärungen an. Ein eigenständiges Kapitel ist „methodologischen Reflexionen“ gewidmet. Glücklicherweise erspart es dem Leser jene Grundsatzdebatten, die Dunkelheit des Ausdrucks als Tiefe des Gedankens missdeuten. Betschers methodische Betrachtungen sind bodenständiger Natur, wenngleich sie modischen Jargon um „Intermedialität“ zumindest zitieren.“
Und auch andere Rezensenten mögen dieses Buch.
Und es stimmt. Wenn man wissen will, was medial versucht wurde, in die Köpfe der Menschen zu schütten, dann ist dies ein Beitrag dazu. Weil es aber viel mehr Zeitungen und Medien gab, wäre die Frage zu stellen, welche Medien waren dominant und erzeugten die wichtigsten Bilder in den Köpfen? Das kann erst beantwortet werden, wenn alle Medien untersucht worden sind und in einer gemeinsamen Methodik dann das gesamte Forschungsfeld unter dieser Fragestellung mit eindeutigen Kriterien untersucht wird.
Ob das jemals geschehen wird steht in den Sternen.
Insofern ist der hier erstellte Ausschnitt das, was wir haben und wissen – nicht mehr und nicht weniger.
Das Buch ist im Klartext-Verlag erschienen.
Silke Betscher
Von großen Brüdern und falschen Freunden
Visuelle Kalte-Kriegs-Diskurse in deutschen Nachkriegsillustrierten
lieferbar, erschienen am 13.11.2013
420 Seiten, zahlr. Abb., Broschur, 39,95 €
ISBN: 978-3-8375-0736-2
„Absicht des Buches ist es, an ausgewählten Bildbeispielen aus dem vergangenen und dem begonnenen 21. Jahrhundert den Prozess des Aufstiegs der Bildmedien und dessen komplexe Folgen für Politik und Kultur, für Wahrnehmung und Erinnerung zu beleuchten.“
So nähert sich der Historiker Gerhard Paul mit gelungenen Einzelfallbetrachtungen seinem Thema.
Welche Bedeutung hat die neue „eigenständige Realität des Visuellen“ und wie verhält sie sich zur ersten „physischen Realität der Ereignisse“?
Das Buch wird zum Teil sehr gelobt in Rezensionen und ist sehr speziell und sehr tief in der Analyse.
Während man Texte zitieren kann, kann man Bilder eigentlich nicht „zitieren“. Und einfach darstellen ohne die Bildrechte erworben zu haben geht bei uns auch nicht.
Was tun?
Lucia Halder hat in ihrer Rezension Pauls Weg durch sein Buch und dieses Problem so zusammengefaßt: „Dem Autor ist es gelungen, eine beeindruckende Fülle von meist farbigen Abbildungen darzubieten und überzeugend zu strukturieren; ein jeweils ganzseitiger Abdruck wird dem im Folgenden analysierten Bild vorangestellt. Es folgt jeweils ein zirka einseitiges Abstract des Kapitels, bevor der Autor mit seiner detailreichen Analyse beginnt. Die ikonografischen Bildreihungen sind ebenso nachvollziehbar wie die Auswahl der Abbildungen. Paul reagiert damit äußerst geschickt auf das Problem der Rechteerwerbung, mit dem Bildhistoriker bei Ihren Publikationen stets zu kämpfen haben. Dabei bedient er sich der eleganten Argumentationsfigur, dass es sich bei den gezeigten Bildern mitnichten um Illustrationen, sondern um Zitate und Belege handle und verweist in zahlreichen Fußnoten auf weitere Abbildungen im Internet (S. 12). Die Kontextualisierungspraxis lässt für ein Buch, das sich mit visueller Quellenkritik befasst, jedoch ein wenig zu wünschen übrig. Fehlende Angaben zu Originalgrößen und Provenienz werden dem Anspruch Gerhard Pauls an „Bildkritik als Aufklärung“ (S. 653) nicht gerecht. Die Lektüre von Pauls Werk macht ebenfalls deutlich, dass die Rezeptionsforschung noch immer einen blinden Fleck auf der Forschungslandkarte der Visual History darstellt. “
Das Buch ist also mitten aus dem Leben und der sozialen Praxis zwischen Recht und Kommunikation. Jede einzelne Studie ist es wert gelesen zu werden und kann im Rahmen eines solchen Artikels nur als Hinweis genannt werden.
Zu welchem Ergebnis kommt Gerhard Paul, wenn er seine Einzelfälle zusammenfaßt?
„Bilder machen etwas mit uns, ihren Betrachtern… Wenn Macht nach Max Weber die Chance, die potentia, bezeichnet, auf das Denken und Verhalten von Personen und Gruppen auch gegen deren Willen einzuwirken, dann besteht BilderMACHT darin, via Bilder, etwas mit uns, mit ihren Betrachtern, notfalls auch gegen unseren Willen zu machen.“
Das Buch ist mit Geld von der Gerda-Henkel-Stiftung und der Volkswagenstiftung gemacht worden.
Offenkundig war das Thema Bildermacht dort von Interesse. Es ist also ein Thema aus der Mitte der Gesellschaft und der Mächtigen. Das macht das Buch besonders interessant und wichtig.
Es ist im Wallstein-Verlag erschienen.
Gerhard Paul
BilderMACHT
Studien zur Visual History des 20. und 21. Jahrhunderts
ISBN: 978-3-8353-1212-8 (2013)
Wer mehr über das Thema Visual History wissen will, kann einen Aufsatz dazu von Gerhard Paul auch online finden.
Vielleicht wird dies später mal so im Geschichtsbuch stehen.
Denn das Deutschland des sozialen Zusammenhaltes ist durch die neoliberale Ideologie mit der FDP/CDU/SPD/Grüne abgeschafft worden (außer für Beamte).
Die Agenda 2010 war der Anfang vom Ende.
Während Hartz4 eine Vollversorgung für überwiegend junge Familien mit Kindern bereithält, führt die bösartige Verarmungsregel für Ältere dazu, daß fast alles, was eigenständig erarbeitet und erspart wurde, erst aufgebraucht werden muß, bevor man so behandelt wird wie jeder, der hier nie gearbeitet hat und Unterstützung erhält.
Der zu niedrige Hartz 4 Satz von 399 Euro für einzelne Erwachsene wird durch die – in meinen Augen – bösartige und grundgesetzwidrige Konstruktion einer Art Sippenhaft als Bedarfsgemeinschaft noch mal in seiner Perversion gestärkt durch die noch weitere Absenkung des Satzes auf 360 Euro für einen einzelnen Erwachsenen. Das hat das Bundesverfassungsgericht 2014 übrigens auch festgestellt. Es hat auch gesagt, daß die Reduzierung des Satzes von 399 Euro auf 360 Euro in Bedarfsgemeinschaften verfassungswidrig ist und die Sätze schon lange hätten wesentlich erhöht werden müssen.
Denn damit kann man nicht leben, auch nicht mit 399 Euro.
Das Existenzminimum wären 500 Euro (2015) pro erwachsener Person. Doch genau diese 100 Euro werden nun seit zehn Jahren nicht gezahlt und führen dazu, daß aus ehrlichen Menschen, die vorher oft viele Jahre auch noch in die Sozialversicherung eingezahlt haben, verzweifelte Bürger oder Wutbürger werden.
Wer davon noch nicht betroffen ist, der sieht dies meistens anders und verdrängt dies alles.
Meiner Meinung nach gibt es auch einen Zusammenhang zwischen der Agenda 2010 und dem radikalen Islam.
Denn seit der Einführung von Hartz4 ist die Anzahl der Salafisten in Deutschland ständig gewachsen und die Anzahl der IS-Kämpfer auch.
Beim IS verspricht man – wenn man der Berichterstattung glauben darf – Geld und Gold, Häuser, Monatslohn, frisch gefangene Frauen und die Chance ohne Folgen Andersdenkende zu ermorden.
Offenkundig scheint dies dann eine echte Alternative zu einem Leben hier, vielleicht ohne Ausbildung oder qualifiziert und ohne echte Perspektive, ständiger befristeter und unanständig bezahlter Arbeit und der immer wieder geschilderten ununterbrochenen Erniedrigung durch das Jobcenter zu sein.
Das sind doch dann wachsende Bestandteile der sozialen Wirklichkeit in Deutschland.
Diese neue „Protestbewegung“ (?) ist mörderisch und begründet dies mit dem Islam. Das darf bezweifelt werden.
Aber da es in Deutschland so gut wie keine echte Chance gibt, in vielen Fällen der hoffnungslosen Armut zu entrinnen und immer mehr Menschen arm werden, ist es hier offenkundig ziemlich leicht, auf kurzem Weg in die Sonne und zum bezahlten Töten zu fliegen.
Das ist sehr beunruhigend, weil die Ursachen zum Teil hausgemacht sind.
In der EU insgesamt liegt allein die Jugendarbeitslosigkeit bei fast 50%.
Züchtet dieses System hier nun bewußt seine eigenen Zerstörer?
Ich stelle mir diese Frage und frage weiter warum sollen Millionen ohne Hoffnung nicht für andere Welten mit Hoffnung eintreten?
Wenn es aus ihrer Sicht hier ungerecht ist und sie darunter leiden, dann kann es in ihrer Logik zwar auch in ihrer jeweiligen neuen Welt ungerecht sein, aber dann leiden nicht sie sondern die Anderen, und bei Islamisten dann eben die „Ungläubigen.“
Ich frage mich weiter, wieso dies nicht führende Politiker beschäftigt und ob sie dies nicht auch so sehen?
Und ich habe echt keine Antwort darauf.
Manchmal denke ich, sie sind ferngesteuert.
Aber im Angesicht der von Kanzlerin Merkel ausgelösten Flüchtlingskrise in Deutschland wird dies nun alles noch mal verstärkt.
Denn nun landen Millionen von Menschen, die überwiegend arabisch-muslimisch sozialisiert sind, in Deutschland und erhalten sofort dieselben Sozialleistungen und dieselbe Sicherheit wie Einheimische Deutsche ohne hier etwas geleistet zu haben.
Sie werden nach ihrer Anerkennung sofort materiell mit arbeitslos gewordenen Inländern, die meistens deutsch sind, gleichgestellt.
Jan Fleischhauer hat auf spiegel.de vor kurzem auf das „soziomoralische Grundgesetz“ hingewiesen:
„Dass auf den Beistand durch ein Solidarsystem nur diejenigen vertrauen dürfen, die zu diesem auch beigetragen haben, gehört zu den „soziomoralischen Grundgesetzen“, wie der Soziologe Karl Otto Hondrichden Bestand an Regeln nannte, die keine Gesellschaft ungestraft missachten kann.“
Genau dies wird nun völlig mißachtet.
Wer hier zwanzig Jahre in die Sozialversicherungssysteme eingezahlt hat und dann arbeitslos wird und aufgrund von asozialen Befristungen schnell in Hartz4 fällt, der wird fast zwangsweise irgendwann zu hassen anfangen bei solchen Verhältnissen.
So sind
neben der Perspektivlosigkeit die entscheidenden Messer-und-Gabel-Fragen in Deutschland.
Den Mächtigen scheint dies egal zu sein.
Wollen sie eher afrikanische Verhältnisse mit hohen Mauern um ihre Villen oder Wohnviertel statt eine Gesellschaft zu sichern, die aus sich selbst heraus diese extremen Entwicklungen eindämmt?
Dann hätte Horst Afheldt recht gehabt.
Wer sozial abgesichert ist, wird eher die Demokratie stabilisieren als der, der am Rande des Existenzminimums dahinvegetieren muß.
Hinzu kommt in Deutschland die absurde Situation, daß das Hinzuverdienen sehr schwer ist und anders als in den USA Menschen über 50 einfach nicht einfach eingestellt werden.
Es werden Überwachungssysteme aufgebaut, die den Eindruck einer neuen Stasi vermitteln. Die Jobcenter sind meiner Meinung nach eine einzige soziale Schnüffelbehörde für die fleissigen und ehrlichen Menschen, um Armut herbeizuführen und Menschen in Armut zu halten.
Und wer als junger Mensch statt einer Ausbildung und einer unbefristeten Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nur Hilfstätigkeiten und Befristungen erlebt, der wird doch kein Pfeiler des Systems werden.
Dabei war es so einfach vor ein paar Jahren. Anständig eingestellt, Perspektive für die Familiengründung, Fleiß und soziale Anerkennung und damit fast automatisch staatstragend.
Das ist vorbei und offenkundig auch an 100 Euro gescheitert.
Auf der Webseite Zeithistorische Forschungen ist ein Heft veröffentlicht worden mit dem Titel Fotografie in Diktaturen. Es handelt zum Teil von Ereignissen und Vorgängen, die erst wenige Jahre her sind.
So groß wie das Thema ist, so detailliert und abgegrenzt sind die einzelnen Beiträge.
Im Detail zeigt sich dann wie gearbeitet wurde und wird.
„Wenngleich Fotografie in Diktaturen zweifellos für propagandistische Zwecke eingespannt wurde, so erscheint eine Konzentration auf diese Form der Funktionalisierung des Mediums in vielerlei Hinsicht doch problematisch. Zunächst verleitet sie schnell dazu, Propaganda als spezifische Kommunikationsform von und in Diktaturen zu betrachten. Dies ist insofern irreleitend, als der Begriff der Propaganda auch von westlichen Demokratien, allen voran den USA, als deskriptiver Begriff für die eigene öffentliche Kommunikation (auch public diplomacy genannt) verwendet wurde und zudem bis weit in die Nachkriegszeit hinein positiv besetzt war.“
Diese Worte von Annette Vowinckel und Michael Wild zeigen sehr gut, daß der Blick auf dieses Thema direkt in die Gegenwart führt.
„Mit dem Zweiten sieht man schlechter: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist in der Flüchtlingskrise vor allem für Durchhalteparolen zuständig. Es beweist dabei, warum es der Politik so lieb und teuer ist.“
Diese Worte stammen von Michael Hanfeld (FAZ Okt. 2015), der hier das beschreibt, was wir als Zuschauer fast täglich ansehen können.
Propaganda pur wird uns geboten und Journalisten, gerade auch Foto- und Videojournalisten sorgen dann dafür, daß wir den falschen Eindruck bekommen.
Dies hat der Chefredakteur der ARD dann auch freimütig eingeräumt: „Der ARD-Chefredakteur räumte ein, dass die Flüchtlingskrise von den Medien falsch dargestellt werde. Kameraleute würden hauptsächlich Familien mit Kindern filmen, während jedoch 80 Prozent der Migranten junge Männer seien.“
Die Zeithistorischen Forschungen zeigen uns daher im Prinzip das, was wir heute erleben. Nur die Frage der Diktatur ist anders.
Wenn wir Oligopole in der Berichterstattung haben, also fast Monopole, weil es gar keinen freien Zugang mehr zu Vorgängen, Ereignissen und Berichterstattungsterminen gibt, dann haben wir trotz des Rechts auf freie Meinungsäußerung eine Informationsdiktatur.
Das ist bei uns besonders bemerkenswert, weil die durch eine Abgabe bezahlten Medien genau dies eigentlich nicht hinnehmen dürften und darauf verweisen müßten.
Aber die Wahrheit bleibt ja als erstes auf der Strecke wie ich sehr detailliert am Beispiel Je Suis Charlie deutlich gemacht habe.
Insofern ist der Nutzen der Zeithistorischen Forschungen an dieser Stelle ungemein hoch, weil er im Prinzip den Spiegel des Vergangenen hochhält und wir so direkt in das aktuelle Geschehen blicken – wenn wir es sehen wollen.
So ist der Nutzen der Geschichte zugleich auch sein Nachteil: wir sehen eine Wirklichkeit, die nicht sehr schön ist und uns jede Illusion raubt.
Wer will das sehen und wer will wissen, daß er das sehen kann?
Da alle Beiträge dort online zu finden sind, ist dies ein echter Beitrag zur wissenschaftlichen Aufklärung zum Thema Fotografie in Diktaturen, in alten und in neuen Gewändern.
Ich hätte nicht gedacht, daß ich in Deutschland wieder über Armut schreiben muß. Aber es ist die Wirklichkeit der vielen fleißigen kleinen Leute, die so ungerecht behandelt werden.
Und es ist wahr!
Eines der reichsten Länder der Welt sorgt systematisch dafür, daß immer mehr von den Menschen, die in dem System ehrlich arbeiten, immer weniger dafür erhalten und bis zum Lebensende arm bleiben werden.
Diese Ungerechtigkeit macht dann auch immer mehr Menschen kaputt. „Armut 2.0 – Die soziale Frage ist wieder da“ weiterlesen
„Die Historie ist eine bewußtseinsbestimmende Disziplin.“ „Geschichte und ihre Didaktik von Joachim Rohlfes“ weiterlesen
Sodann führt Dr. Eichhorn aus: „In der kapitalistischen Gesellschaft gibt es eine Vielzahl von systemimmanenten Konstellationen, die stressend wirken müssen: chronische Existenzangst, soziale Not, Perspektivlosigkeit.“ Zweifellos richtig, obgleich soziale Not und Perspektivlosigkeit auch die entgegengesetzte Wirkung haben können und zu völliger Abstumpfung führen können, nur allzuoft geführt haben – weshalb ja auch wir Marxisten wissen, wie falsch es ist zu meinen: je größer das Elend, desto revolutionärer die Haltung.
Aus: Jürgen Kuczynski, Geschichte des Alltags des Deutschen Volkes, Band 4 1871-1918, S. 221
Wir waren also in Deutschland schon weiter bei der Wahrnehmung der Gesellschaft, in der wir gerade leben. Das alles war in Deutschland bis zum Ende der DDR nicht so ausgeprägt wie heute. Insbesondere die Agenda 2010 und die Einführung von Hartz4 haben dies massiv verschärft. Und durch die beginnende Völkerwanderung wird dies alles potenziert, da ja die Einwandernden nur in die Sozialsysteme einwandern aber nicht in unsere sozialen Werte und überwiegend dort drin bleiben werden abgekapselt von unseren europäischen Traditionen. Verbindendes Band wird der kapitalisierte Konsum sein und nicht der Umgang von Mensch zu Mensch auf dem Boden unseres Grundgesetzes.
Das Ergebnis werden massive Verteilungskonflikte sein, wenn der Sozialstaat überfordert ist, aber keine Revolution als verbessernde Bewegung für die armen Schichten. Eine Revolution als Eroberung der Macht wird erst dann kommen, wenn das Militär völlig neu und staatsfern aufgestellt worden ist, aber wahrscheinlich dann als Konterrevolution mit autoritärem Charakter.
Einige große Probleme von heute wären vermeidbar gewesen. Ich habe selbst 25 Jahre aufgeklärt und stelle fest, das hat die Mächtigen und Ohnmächtigen fast nicht interessiert. Offenkundig ist der Glaube über der Natur zu stehen größer als die Einsicht nur ein Teil davon zu sein.
Die Pyramiden sind ein Symbol für den Allmachtsgedanken und den Versuch der Überwindung des Todes. Andere Menschen zu töten gibt das Gefühl, Macht über den Tod zu haben.
So irreal ist die Realität.
Heute erleben wir neue Phänomene der menschlichen Psyche in sozialen Zusammenhängen.
Still wird die Demokratie abgeschafft und es gibt eine interessante Annäherung zwischen Demokratie und Diktatur.
Die Demokratie ist die Volksherrschaft. Diese hat mindestens drei wesentliche Teile, die Volksarmee, die Volksbefragung und die Volksabsicherung.
Diese drei Elemente werden und wurden gerade in Deutschland abgeschafft. Der Wehrdienst wurde abgeschafft, die Volksbefragungen gibt es gar nicht und die soziale Sicherheit als Voraussetzung für echte Demokratie ist seit der Agenda 2010 zerstört worden.
Aber die neuen Menschen wollen vielfach auch lieber etwas Konsum statt Konflikte. Kann man verstehen, gibt aber den Mächtigen die Macht.
Mit TTIP wird nun die nächste Phase umgesetzt. Die staatliche Souveränität wird abgeschafft und Konzerne regieren. Was TTIP nicht regelt wird dann durch die Parlamente an Europa abgegeben. Da sprechen sie von der Übertragung staatlicher Souveränität an die EU. Man gibt also die Macht des Volkes an eine nicht legitimierte Bürokratie ab?
Mit einem weiteren Blick wird noch eins deutlich. China steuert die Massen mit Konsum und ohne Demokratie. Und Europa verläßt mit der EU gerade die Demokratie und versucht die Massen mit Konsum zu steuern. Interessant, nicht wahr?
Und die Menschheit? Die erlebt gerade das, was ich und andere seit Mitte der 70er Jahre voraussagen. Die Umweltzerstörung und die Murkserei mit Diktatoren und die fehlende soziale Sicherheit für die Menschen führen zu diesen asozialen Bewegungen, die mit Religion alles begründen und mit modernen Waffen alles zerstören.
Die Neoliberalen, die uns das alles eingebrockt haben in Deutschland, haben sich in die Schweiz abgesetzt!
Und wir erleben nun, wie absolut unfähige Politiker so tun als ob das Grundgesetz für die ganze Welt gelten würde. Das Grundgesetz ist Ausdruck einer Gesellschaft, die nach diesen Regeln und Grundsätzen leben will. Das oberste Ziel ist der Erhalt des eigenen Landes und der Schutz der eigenen Bevölkerung. Im Rahmen dieser Grenzen kann dann auch politisches Asyl gewährt werden. Und dafür gibt es klare Regeln. Die werden aber heute schon nicht mehr eingehalten. Und so wird dieser Staat anderen Staaten und Interessen überlassen und keiner, der Macht hat, wehrt sich.
Wie es weitergeht?
So wie immer in der Geschichte. Es wird Kriege, Konflikte und soziale Spannungen geben und vieles wird zusammenbrechen.
Das wäre vermeidbar gewesen, wenn man sich an die eigenen Gesetze gehalten hätte und die Demokratie nicht ihrer drei Grundpfeiler beraubt hätte.
Sage also niemand, er hätte es nicht gewußt.
1.1
Es ist eines der wichtigsten Bücher über die Bundesrepublik überhaupt. 2014 in der sechsten Auflage gedruckt macht es Hoffnung, daß irgendwann verstanden wird, wer wir sind.
Ich bin 1962 geboren und habe u.a. Geschichte studiert. Mein Schwerpunkt lag im Bereich Zeitgeschichte und 3. Reich. „Hitlers Eliten nach 1945, hg. von Norbert Frei“ weiterlesen
„Für Claudia“ hat er das Buch geschrieben.
Da wird sich Claudia gefreut haben, denn das Buch ist sehr spannend, informativ und lehrreich geworden. „Die deutsche Nachkriegsfotografie von Jörn Glasenapp“ weiterlesen
„Die Liberation Route folgt dem Weg, den die Alliierten im Zuge der Befreiung Europas zurücklegten.“ „Die Befreiung Europas durch die Allierten – die Liberation Route Europe“ weiterlesen

25 Jahre nach dem Ende der Mauer kommen die digitalen Mauern.
Immer mehr mauern sich ein. Jede Woche teilt eine neue Zeitung mit, daß sie nun eine Paywall hochzieht und Artikel zukünftig bezahlt werden müssen. Die Begründung ist immer gleich: Wir haben investiert und wir müssen davon leben.
Blicken wir doch mal genauer darauf.
Früher verdienten Zeitungen mit Anzeigen. Die Leser waren wichtig, daher waren Zeitungen eher billig und Anzeigen eher teuer. Die meisten Inhalte der Zeitungen waren Nachrichten. Hinzu kamen Kommentare. Lokal wurde über Sport, Todesfälle und lokale Ereignisse berichtet. Die meisten Leser suchten die Todesanzeigen und die Angebote.
Nun sind den Zeitungen die Nachrichten abhanden gekommen. Die gibt es bei den mit der GEZ-Steuer bezahlten Medien für alle und die gibt es sonst auch fast überall kostenlos.
Daher versuchen sich immer mehr lokale Zeitungen mit immer mehr lokalen Ereignissen. Alles was früher nicht erwähnenswert war wird nun zu einer Nachricht – solange es politisch passt. Es gibt unendliche Fotostrecken von fast allem und jedem.
Wen interessiert das, wer wird dafür zahlen? Sie sprechen von hochwertigem Content aber das ist es nicht. Das wären die kritischen Blogs, die hinterfragen. Aber die gibt es kaum.
Stattdessen bleibt oft draussen, was nicht passt, so als ob sie noch ihr Meinungsmonopol haben – zumindest erlebe ich das vor Ort immer wieder.
Und die Anzeigen?
Die sollen die Leser ja auch weiter lesen. Aber erst sollen sie dafür bezahlen, daß sie dann bezahlte Anzeigen sehen.
Also nicht bezahlen, um sie nicht zu sehen sondern bezahlen, um dann auch noch Anzeigen zu sehen.
Nur bei Print ist es umgekehrt.
Da werden die Anzeigen völlig kostenlos in die Briefkästen gesteckt. Dafür gibt es zwar keinen Journalismus sondern nur die Artikel, die es sonst auch schon gab, aber die gibt es dafür umsonst.
Und nun kommen wir zum Internet.
Das Internet lebt(e) vom Verlinken. Wenn ich etwas las, wollte ich die Quelle angeben und darauf verweisen. Das geht dann natürlich nicht mehr.
Selbst wenn man alle Webseiten bezahlen würde, hätte der Link keinen Sinn, weil die Leser meines Artikels ja nicht dort drauf könnten.
Das ist neu und reduziert die Fähigkeit des Internets und vor allem die saubere Arbeit, die man eigentlich leisten will. Es geht einfach nicht mehr.
Quellenangaben und Verlinkungen enden an der Paywall. Damit werden die Zeitungen selbst ja auch nicht mehr verbreitet und öffentlich diskutiert.
Umgekehrt führt dies zu einem wachsenden Bedeutungsverlust von immer mehr Medien. Wer sie nicht liest, weil er bezahlen muß, der kann auch nicht mehr beeinflusst werden.
Aber auch das ist nur die halbe Wirklichkeit.
Denn wer weiter kostenlos online bleibt auch mit gutem Content, der wird weiter seine Leser finden.
Es wird sicherlich Menschen geben die bezahlen. Aber so gut wie niemand wird weiter so in der Breite suchen und Zeit investieren. Und wer bei google nicht mehr vorkommt, der wird auch in den Suchergebnissen nicht mehr vorkommen als Ort an dem man relevant verweisen kann.
So sind die Propagandisten aller Richtungen nun neuen Herausforderungen ausgesetzt.
Wo erreiche ich viele?
Da wo es kostenlos ist und viele sind. Bei Facebook, bei Google, bei Twitter. Ich würde sagen, kostenlos wird damit noch attraktiver.
Darüber wird bestimmt noch zu schreiben sein.
Aber später erst!
Der gesenkte Kopf
Grenzenlos werden Daten erhoben und grenzenlos werden immer mehr Bereiche unserer Gesellschaft digitalisiert. Kinder wachsen mit Handys auf und ohne Schultafel und Füller. Einige Länder schaffen schon die Schreibschrift ab, in Deutschland sollen Bücher durch Tablet-Computer ersetzt werden. Die Produktion von digitaler Kommunikation und die Rezeption von digitaler Kommunikation nimmt immer mehr zu. „Die Symbolik des Raums als Element der visuellen Geschichtsschreibung“ weiterlesen
In einem Film von Heinz Büttler aus dem Jahr 2003 über Henri Cartier-Bresson weist Arthur Miller darauf hin, daß Amerika ein Land äußerster Gegensätze ist.
Dabei zeigt er Fotos von Cartier-Bresson aus den Jahren zwischen ca. 1950 bis 1970, die aus der amerikanischen Provinz ebenso stammen wie aus Harlem in New York.
Das war in Deutschland so nicht der Fall.
Das kommt erst politisch gewollt seit Hartz 4 und der neuen Politik nach der Wiedervereinigung. „Neue Themen für fotografische Dokumentationen“ weiterlesen
Die Deutsche Nationalbibliothek ist verpflichtet alle digitalen Publikationen zu archivieren.
Dazu gehören auch Webseiten und Blogs.
Sie macht es aber nicht.
Wie auch?
Daher ist das mit dem digitalen Archiv so eine Sache.
Im Gesetz wird von Medienwerken gesprochen.
Wo fangen diese an?
Sind Facebook-Beiträge und Gruppen in Facebook auch Medienbeiträge?
Die kann man schon technisch gar nicht archivieren und dann der Öffentlichkeit zugänglich machen ohne Umwege und ohne die Frage zu beantworten, wer da was verletzt oder auch nicht.
Selbst beim Archivieren geht es weiter.
Was gestern noch galt ist heute schon alt.
Als vor 15 Jahren archive.org Webseiten sammelte, war je nach Territorium die Frage nach dem Urheberrecht noch genau so abenteuerlich unbeantwortet wie heute.
Archive org mit seiner wayback maschine sammelte aber Webseiten.
Heute gibt es noch viel mehr Webseiten. Und archive.org sammelt.
Aber wer kontrolliert stellt fest, daß die mit dem Sammeln nicht hinterherkommen.
Und soziale Netzwerke sammeln sie so gut wie gar nicht.
Und andere Webseiten sammeln sie versteckt?
Archive.org ist vielleicht bald selbst schon Geschichte, weil sie die Webseiten gesammelt haben und immer mehr außerhalb von Webseiten in klassischer Form passiert und neue Webseitentechniken zudem das Erfassen auch gar nicht mehr so möglich machen.
Früher hast du einen Text auf einer Webseite geschrieben. Heute holt ein Programm aus einer Datenbank erst Text beim Anzeigen der Webseite, die „dynamisch“ erstellt wird. Und je nach Sprache und Cookies sind die Webseiten auch noch verschieden.
Es ist eben so eine Sache, wenn man den Fluß dokumentieren will.
Die genaueste Landkarte ist so groß wie das Land, das dargestellt werden soll.
Insofern ist die Frage des digitalen Archivierens ungelöst.
Bleibt die Chance der eigenen Fürsorge auf altmodischen Webseiten und der Bitte an archive.org und es bleibt die Chance des Druckens auf Papier.
Und dann braucht es noch die, die später danach suchen und es lesen.
Das ist dann auch noch unbeantwortet.
Sind die Bücher die Welt? Will ich eine Welt ohne Bücher?
Ich bin mit Büchern aufgewachsen. Ich habe immer gelesen. Das half mir alle äußeren Stürme zu überstehen.
Sehr dankbar bin ich zwei Buchhändlern. Beide hatten kleine Buchhandlungen in Remscheid und beide zeigten mir die Literatur, die es auf der Schule nicht gab. Dort gab es weder Abert Camus noch Gustav Regler – hier schon.
Und später?
Seltsamerweise fand ich die besten Bücher immer in der Ramschkiste. „Die verlorenen Bibliotheken und das Körnchen literarisches Gold“ weiterlesen
Es ist wieder mal an der Zeit, sich in der westlichen Welt mit den Grundfragen von Macht und Gewalt zu beschäftigen.
Das hat es je nach Wissen um die Weltgeschichte immer gegeben, aber nicht immer und überall gleichzeitig. „Leben und Tod im Angesicht des Terrorismus – Lehren aus der Geschichte“ weiterlesen
Als ich 1995 im RGA-Buchverlag das Buch “Remscheid in der Zeit des Nationalsozialismus” herausgab hatte ich als Herausgeber und Mitautor eine arbeitsreiche Zeit hinter mir. Es gelang mir, über zwei Jahre hinweg 13 Autorinnen und Autoren zu gewinnen und zu koordinieren, so dass wir als Ergebnis einen Sammelband herausbringen konnten mit dem Titel “Remscheid in der Zeit des Nationalsozialismus.”
Das war nicht einfach, weil es schwierig und undankbar war und das Honorar bei 500 DM pro Beitrag lag, die als freiberufliche Einnahme versteuert wurde und danach ca. 280 DM blieben. Da jeder viele Stunden im Archiv sitzen mußte und dies alles sehr zäh war, hat im Ergebnis damals jeder draufgezahlt.
Aber darum ging es uns damals nicht. Aufklärung, Idealismus und Dokumentation waren das Dreieck der Motivation, um aus der Geschichte zu lernen und gegen das Vergessen zu schreiben.
Autorinnen und Autoren waren David Thompson, Michael Mahlke, Urs Diederichs, Karl-Manfred Halbach, Ulrich Kalhöfer, Marco Gaese, Frieder Backhaus, Hans Jürgen Roth, Jochen Bilstein, Ilse Faeskorn, Armin Breidenbach, Olaf Wunder und Ralf Schönbach. Es war in meiner Erinnerung das erste Mal, daß alle politischen Richtungen und Glaubensbekenntnisse so in einem Buch dargestellt werden konnten und auch zwischen den Beteiligten möglich waren.
Damals lernte ich, wie wichtig es ist, Autoren zu betreuen, immer wieder nachzufragen, Gespräche zu führen, bei Motivationsstop (gerade in solchen Themen) das Herz neu zu wecken und dann dies alles zu einem guten Ende zu führen.
Das Vorwort im Buch erinnert an die Personen, die alle noch mit dabei waren.
Und dann war das Buch fertig und ich war stolz, daß wir gemeinsam einen wichtigen Beitrag zur Lokalgeschichte der Menschen geliefert haben.
Es ging natürlich auch darum, die Verfolgten und aufrechten Demokraten zu nennen und auch darüber zu schreiben, wie die Banaliät des Bösen aussieht und welcher Abgrund von Gemeinheit und Feigheit sich auftut, wenn erst einmal die gesetzlichen und moralischen Schleusen geöffnet werden.
Das ist eine Parallele zur aktuellen Ideologie des Neoliberalismus, der auf das Schlechte im Menschen setzt, aber das ist eine andere Geschichte.
Bleiben wir bei dem Buch.
Bemerkenswert war, daß es auf das Buch fast keine echte Resonanz gab. Die ehemaligen Nazis und Mitläufer schwiegen es tot und die anderen waren entweder schon tot oder wollten fast alle nichts mehr davon wissen.
Das nennt sich Rezeptionsgeschichte.
Ich erhielt einige böse Anrufe, weil das Thema eben nicht angesprochen werden sollte, aber öffentlich wollte niemand diskutieren.
So steckt dieses Buch bis heute als unangenehmer Brocken in der Remscheider Geschichte fest und läßt sich nicht verleugnen. Aber eine echte Aufarbeitung fand kaum statt. Ich kann mich nicht an drei Lehrer erinnern oder an das Schulverwaltungsamt, die mal gesagt hätten, wir laden die Autoren ein, wir machen für alle Schulen Sitzungen und greifen dieses Thema auf.
Nur dort wo einzelne Lehrer sich engagierten, gab es kleine Denkanstösse.
In der Folgezeit habe ich mehrfach erlebt, daß dieses Buch selbst ein Fall für Geschichtsverleugnung wurde.
Mehrfach wurde ich einfach entfernt in Datenbanken und bei den Buchangaben. Ich war plötzlich kein Herausgeber mehr, kam bei den Autoren nicht vor und mußte sogar einige Male massiv nachlegen, damit diese Hinterhältigkeiten ausgemerzt wurden.
Das interessiert zwar kaum noch, ist aber dennoch diese Sätze wert, weil es zeigt, daß die Wirklichkeit und die Geschichte bis heute (!) eher verleugnet als angenommen werden.
In ein paar Monaten ist es zwanzig Jahre her, seitdem dieses Buch erschienen ist. In meiner Erinnerung waren es damals 2.000 Exemplare – so wenig Exemplare wie kein Buch zuvor, das ich publiziert habe. Da es immer noch zu haben ist, sind also in 20 Jahren keine 2000 Exemplare verkauft worden. Auch das sagt viel über den Wert von Geschichte und den Umgang mit Wunden aus, zumal damals.
Wenn ich es aufschlage stelle ich fest, daß es ein Buch von bleibendem Wert ist. Wir haben damals richtig gehandelt. Es hat Substanz und ist mit dem Mut zur Lücke entstanden. Es wird Zeit, daß die Lücken geschlossen werden, bevor alles unauffindbar wird.
„Informationen werden mitgeteilt, Wissen erwirbt man durch Bildung.“ Diesen Satz habe ich schon oft zitiert aber er muß immer wieder ins Gedächtnis.
Die Informationen sind da – auch zum Umgang mit Fotos.
Wie schreibt die Bundeszentrale zur politischen Bildung?
„Fotografien sind jedenfalls für die Ereignisgeschichte die besten Quellen. Nehmen wir das Beispiel einer Demonstration: Wir können sehen, dass sie überhaupt stattgefunden hat, welche Ziele sie hatte (wenn Plakate oder Spruchbänder erkennbar sind), welche (vielleicht anderweitig schon bekannten) Personen dabei waren, wo sie sich aufhielten, wie zahlreich die Menge, wie ihre Stimmung war. Vorsichtig müssen wir freilich sein, wenn wir Deutungen und Verallgemeinerungen vornehmen wollen. Denn ein einzelnes Bild zeigt immer nur einen Einzelfall. Um beurteilen zu können, ob er repräsentativ ist, müssen wir entweder über mehrere ähnliche bildliche Darstellungen oder über zusätzliche Informationen verfügen. Wenn Fotos aus dem Jahre 1914 kriegsbegeisterte Freiwillige zeigen, folgt daraus nicht zwangsläufig, dass alle begeistert waren; die Forschung hat in jüngerer Zeit entsprechende Relativierungen vorgenommen. Wer nicht begeistert war, blieb zu Hause – davon gibt es keine Bilder. Bildquellen können also in diesem Fall kein vollständiges Bild der historischen Situation vermitteln.“
So wunderbar die Webseiten der Bundeszentrale sind – so wenig haben sie Relevanz.
Die tägliche Medienwahrnehmung der Menschen ist geprägt durch die Informationskanäle, die im Handy, manchmal in der Zeitung und im Fernsehen zu finden sind. Ja sicher auch im Internet.
Aber insgesamt sind es starke vorgegebene Einstiegswege, die meistens den Rest der Wahrnehmung prägen.
Und es sind eben Informationskanäle.
Man ist informiert.
Mehr nicht.
Erst wenn ich mich tiefer mit diesen Informationen beschäftige, kann daraus Wissen werden.
Wissen ist die Anwendung von Informationen und die Umsetzung.
Wenn Sie das nächste Mal ein Foto sehen und sich fragen,
dann wenden Sie die Informationen an, die Sie aus den Informationen hier und bei der Bundeszentrale erhalten haben.
Dadurch wandeln sich die Informationen zu Wissen. Es ist die Verschmelzung von äußeren Reizen mit ihren inneren Wahrnehmungen, die durch Sehen, Fühlen und Denken zu einem Eindruck und einer Meinung führen.
Dadurch bilden Sie sich eine Meinung und nehmen nicht unkritisch hin, was angeboten wird.
Kritik kommt übrigens vom griechischen krinein und meint unterscheiden. Sie lernen also unterscheiden und nehmen die Dinge in ihrer Unterschiedlichkeit wahr.
Geschichte altert nicht. Das gilt auch für dieses Buch. Zwei große Themen der Menschheit, die Geschichte als Erinnerungskultur und die Fotografie als visuell-mechanische Erfassung der Welt, werden hier besprochen.
Kann man eine Rezension über ein Buch schreiben, das Pionierarbeit leistet? Eigentlich eher nicht, es sei denn, man zeigt die Tiefe und Weite. Fabian Schwanzar hat dies getan und die Einordnung gefällt.
Der Verlag bietet einen Einblick in das Buch, der ebenfalls Lust auf mehr macht.
Wenn man nun den Weg in dieses Buch geht, dann verirrt man sich nicht.
Denn das Buch ist der Versuch, eine textliche Landkarte des Wissens über dieses Thema zu erstellen.
Die Landkarte ist gelungen, das Buch großartig und der Lesewert sehr hoch.
Natürlich geht es hier um Bücher, die aus wissenschaftlicher Sicht das Thema behandeln.
Besonders gefällt dabei der Versuch von Jens Jäger, die Verschiedenartigkeit der Wissenschaften mit einzubeziehen.
Was wissenschaftlich ist und war unterliegt dann doch erheblichen Schwankungen und ist immer sozial und kulturell geformt.
Jäger wird für mich besonders interessant, wenn er zur Realienkunde zurückkehrt und damit die gesammelten Luftblasen der fotografischen PR-Kultur auf den Boden der Wirklichkeit zurückführt.
Im Gegensatz zu den vielen Vielschreibern beginnt meine Sympathie für ihn aber schon bei dem Kapitel über die „Klassiker“ dieses Genre:
Das war´s.
Damit sind alle wesentlichen gedanklichen Instrumente zur Verfügung gestellt, um das zu tun, was historische Bildforschung tun kann:
„Historische Bildforschung zielt nicht auf eine wesensmäßige Erfassung bestimmter Bildtypen, sonder auf die historischen Bedingtheiten und Bedeutungen der Bilder und ihrer Wahrnehmung.“
Die Klassiker sind dabei vielfach Texte mit eigenen Erfahrungen, Essays und Feuilleton. Interessanterweise sind sie noch nicht wegen fehlender Fußnoten verpönt, was auch einen Hinweis auf unsere heutige Situation und ihre historische Bedingtheit beinhaltet.
Die Frage ist nur, ob das, was heute als Klassiker ohne Fußnoten gilt in ähnlicher Form heute überhaupt zur Kenntnis genommen würde. So ist dieses Buch auch eine Auseinandersetzung mit der heutigen Wirklichkeit aus historischer Perspektive.
Jägers Buch ist als historische Einführung im Campus-Verlag erschienen. Es ist aber mehr als eine Einführung. Da hat der Verlag untertrieben. Das Buch ermöglicht einen echten Überblick, weil Jäger mit dem Mut zur Lücke geschrieben hat.
Aber er verleugnet es nicht sondern der Verlag und er haben durch die Möglichkeit der Verlinkung über die Webseite die Erweiterung angelegt und das Vertiefen zugänglich gemacht.
„Fotografie ist eine soziale Praxis und als solche kulturell bestimmt. Sie findet stets in gesellschaftlichen Kontexten statt und gewinnt ihre Bedeutung daher nicht aus sich selbst heraus sondern durch Zuschreibungen und Verwendungszusammenhänge.“
Das ist die Lupe mit der Jäger dann in seinem Buch die Themen, Ergebnisse und Problemfelder der Forschung darstellt, so wie sie sich ihm zeigen.
Wer sich für Fotografie und Geschichte interessiert und wissen will, wie man das Ganze wissenschaftlich sieht, der findet hier ein für das Thema erstaunlich leicht zu lesendes Buch, das sich eher durch klare Worte auszeichnet statt dem Fachsprachengewirr neuen Raum zu bieten. Ein Beispiel:
„Wie bei der Visual History bieten auch die Ansätze der Visual (Culture) Studies und viele Untersuchungen, die sich auf den visual oder pictorial turn berufen, kein geschlossenes methodisches System. Das gilt ebenso für die visuelle Anthropologie und Zugänge, die unter Bildwissenschaft oder auch der Historischen Bildforschung subsummiert werden. Der Bezug auf diese Strömungen gibt eher den Rahmen ab, in dem sich die Untersuchungen bewegen, und unterstreicht die Bedeutsamkeit, die visuellem Material beigemessen wird (manchmal allerdings mehr Bekenntnis als praktisch durchgeführt).“
So entknotet er die fachsprachlichen Phrasen und landet bei verständlichem Deutsch.
Das Buch ist im Campus-Verlag erschienen und noch zu haben.
Blickt man zurück, dann war Historix bzw. der Geschichtstrainer lange Zeit das erste elektronische Geschichtslernprogramm, das eine komplette Methodik und Didaktik dabei hatte.
Damals dachte ich noch mehr an Wissen als Faktenwissen in Textform. Mittlerweile hat sich die Welt geändert und immer mehr Fotos bestimmen den Zugang zum “Wissen” überhaupt.
Der LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe) hat einen sogenannten didaktischen Kommentar veröffentlicht zum Thema “Wie Fotos Geschichte erzählen”. Nach Mareen Kappis geht es darum, unter Nutzung des LWL-Bildarchivs eine historische Fotoanalyse durchzuführen: “Der Lehrer selbst oder aber ein Schüler bedient das Programm. Die ganze Klasse kann sich an einer gemeinsamen Analyse beteiligen. Die Arbeitsaufträge, die das Programm bereitstellt, können im Klassengespräch oder in Einzel-, Partner- sowie Gruppenarbeit erledigt werden. Eine zweite Nutzungsmöglichkeit ist die schülerzentrierte, die mehr der Idee des entdeckenden Lernens entspricht. Dazu sind mehrere Medienarbeitsplätze nötig, im Idealfall einer für jede Schülerin und für je- den Schüler. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten eigenständig mit dem Programm, bearbeiten die Aufgaben und halten ihre Ergebnisse in dafür vorgesehenen Eingabefenstern fest. Anschließend können Arbeits- ergebnisse im Klassengespräch ausgewertet werden. Zusätzlich sind verschiedene Ausgabeoptionen wie das Speichern der eigenen Fortschritte in einer Text- oder PDF-Datei oder aber das Ausdrucken geplant. ”
Was mir an dem Manual gefällt ist die Systematik, die zeigt, wie man ein Foto analysieren kann, um historisches Urteilsvermögen und Bildkritik aufzubauen. Es ist Didaktik pur (auch Methodik) und gut nutzbar.
Das sollte man im Blick haben, wenn man sich dem nächsten Schritt nähert.
Der WDR hat kostenlos ein Tool ins Netz gesetzt, mit dem man dynamische Fotogeschichten erzählen kann:
“Interactive Storytelling” steht für eine moderne Art, multimediale Präsentationen mit Webtechniken zu erstellen. Eine ganze Reihe von aufwendig erstellten Reportagen im Online-Journalismus sind in letzter Zeit veröffentlicht worden. Eine Einführung in das Thema mit Beispielen findet sich in diesem Artikel der Webkrauts.
In Zusammenarbeit mit dem WDR haben wir ein Tool entwickelt, welches Journalisten die Möglichkeit gibt, sich bei der Erstellung solcher Reportagen auf den Inhalt zu konzentrieren. Pageflow funktioniert dabei wie ein „Mini-CMS“, das speziell dafür ausgelegt ist, bildschirmfüllende Bilder oder Videos mit Textelementen zu einem Erzählfluss zu verschmelzen.
Pageflow verbindet Videos, Bilder, Audio und Text zu interaktiven Reportagen.
Reportagen werden auf Desktop-Monitoren und mobilen Endgeräten optimal dargestellt.”
Interessant ist, daß beide Tools nichts miteinander zu tun haben aber für qualitatives Arbeiten gegenseitig eigentlich unerläßlich wären.
Wer also mit Pageflow arbeitet hat in der Regel keine Ahnung von Didaktik im Bereich der Fotografie oder von Didaktik überhaupt.
Meiner Meinung nach ist die Didaktik das Scharnier zwischen den Materialien und der Aufbereitung. Pageflow ohne Didaktik (und Methodik) ist daher kaum denkbar.
Das Manual und das Tool wurden meiner Vermutung nach durch öffentlich-rechtliche Institutionen entwickelt, also wahrscheinlich mit Steuergeldern bezahlt.
Deshalb stehen sie auch kostenlos zur Verfügung.
Der Vorteil ist dabei sicherlich, daß nun jeder, der will, sich fotografisch weiterbilden kann und zugleich mit dem neuen Wissen gute Geschichten entwickeln kann.Der Nachteil ist, daß dies alles im Meer der visuellen Welt kaum auffallen wird.
Wenn es aber gelingt, die Macht der Bilder mit einem kritischen Blick wahrzunehmen, wäre viel erreicht.
Ohne nun einen umfassenden Überblick über Storytelling zu liefern möchte ich doch noch auf ein anderes Tool (Werkzeug) und andere Varianten hinweisen.
In meinem Artikel Fotostory habe ich schon vor ein paar Jahren auf die damals aktuellen Varianten und die praktische Umsetzung hingewiesen. Besser ist nichts geworden – nur neuer.
Gerade Soundslides ist in meinen Augen das beste Werkzeug, um diszipliniertes Arbeiten zu lernen, Inhalte auszuwählen, Rhythmus und Tempo in eine Erzählung zu bringen und Inhalte zu komponieren. Es zwingt fast zu methodischem und didaktischem Vorgehen.
Aber es gefällt wohl nicht allen, weil es sich beschränkt und Fotos an erste Stelle setzt und nicht Videos.
Dabei wird es von Profis gerne und bis heute für schwierige Projekte genutzt.
Heute kommen über das Foto und seine Möglichkeiten Wissensgebiete der Kulturschaffenden zusammen, die zusammen gehören.
Sie zu nutzen wäre die Aufgabe, dafür bezahlt zu werden die politische Antwort einer demokratischen Gesellschaft. Abe dafür muß man was tun. Vielleicht helfen gute Fotogeschichten dabei.
Wie man es macht und womit man es macht wissen Sie ja nun!
Aber als Deutscher möchte ich noch etwas anmerken. Wieso spricht man von Manual und von Tool? Ich würde mir wünschen, wir würden wieder von Handbuch und Softwareprogramm oder Werkzeug sprechen. Das sind nämlich präzisere und deutsche Wörter, die für deutsche Menschen und deutsches Denken wichtig sind.
Zur Kenntnis der Geschichte gehört auch die Erkenntnis, daß man weder vor seiner Geschichte flüchten kann noch durch Aufgabe der eigenen Identität besseres findet. Ich habe zwar auch mal den Begriff Fotostory benutzt aber mit dem Hinweis, daß Fotos Geschichten erzählen. Insofern packe ich mich an die eigene Nase und hoffe, mit diesem Beitrag etwas zur Sensibilisiereng der Sprache beigetragen zu haben.
Auf Wiedersehen!
Visual history arbeitet mit Fotos. Diese Fotos sollen ebenso erzählen wie man es mit Worten kann. Aber Fotos können mehr aussagen, weil sie auch ohne Worte wirken.
Das Bergische Land ist eines der ältesten Industriegebiete in Europa. In den letzten 20 Jahren sind dort viele industrielle und menschliche Wunden geschlagen worden.
Aber weil wir in parallelen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft leben, sind diese Entwicklungen an einigen Gruppen eher spurlos vorbei gegangen oder werden sogar verdrängt.
Um diese Entwicklungen festzuhalten habe ich die Form des Fotoessays gewählt.